28. Mai 2013 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Mai 2013: Wochenlanger Tiefdruckeinfluss füllt mit Wonne jede (Regen-) Tonne!
Heute heißt es in den größten Bereichen des Bundesgebietes einmal
kurz durchschnaufen und das weitestgehend trockene und teilweise auch
sonnige Wetter genießen. Denn schon am Abend kommen neue
Niederschläge auf. Dieser Mai geht also "wirklich" nicht als
Wonnemonat, sondern eher als Regenmonat in die Statistik ein. Wie
diese genau aussieht, können Sie gerne Ende des Monats an gleicher
Stelle entnehmen. In den nächsten Abschnitten möchte ich versuchen
Ihnen eine kurze Erklärung für den andauernden Tiefdruckeinfluss in
Deutschland zu geben, der das Land mit großen Niederschlagsmengen
eingedeckt hat. Denn viele Bürger fragen sich doch, woher der viele
Regen kommt, der die zahlreichen Feiertage im Mai ertränkt hat.
Ausschlaggebend für das insgesamt feucht kühle Wetter ist die
Luftdruckverteilung in der Höhe (in etwa 5500 m). Dort herrscht über
Mitteleuropa jetzt schon wochenlang tiefer Luftdruck vor, der von
hohem Luftdruck über dem Ostatlantik und über Nordosteuropa
"eingequetscht" ist. Diese, schon am 16.05.2013 im Thema des Tages
beschriebene, sogenannte "umgekehrte Omegawetterlage" ist sehr stabil
und hält meist über einen längeren Zeitraum an. Insbesondere die
westlichen Bereiche von Deutschland liegen dabei häufig in einer
nördlichen Strömung, die kühle und feuchte Luft polaren Ursprungs
über die Nordsee zu uns führt. Der Osten befindet sich zumindest
zwischenzeitlich in einer südlichen Strömung, mit der warme, aber
ebenfalls feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum heran geführt wurde.
Diese Strömungen in der Höhe würden allerdings alleine nicht zu den
extremen Niederschlagsmengen führen. Dazu müssen auch am Boden
entsprechende Bedingungen erfüllt sein. Dazu gehören die oft
genannten Bodentiefdruckgebiete, welche sich mit der Höhenströmung
verlagern. Sie können sich dies wie eine Schwebebahn vorstellen,
deren Schienenaufhängung in etwa 5500 m verläuft. Die Bahn würde
sich über dem Boden hängend entlang der Schienenführung in 5500 m
bewegen. Sehr häufig verlagern sich so Tiefdruckgebiete direkt von
Island über die Nordsee nach Deutschland. Auf ihrem Weg über das Meer
können diese Tiefs viel Feuchtigkeit aufnehmen, die sie dann später
über dem Festland in Form von Regen abgeben.
Zusätzlich hat auch die Orographie, also die Gebirge, ihren Anteil am
Wetter. Strömt z. B. Luft aus Norden gegen die Alpen, staut sich dort
zunächst im Luv so kann man sehr häufig die Bildung eines neuen Tiefs
südlich der Alpen (Lee-Tief), bevorzugt im Bereich von Genua
beobachten und wenn es entwicklungsgünstig zur Höhenströmung liegt,
kann es sich intensivieren und man spricht dann von einer sogenannten
Genuazyklogenese - eine Zyklogenese beschreibt die Entstehung und
Entwicklung von Tiefdruckgebieten - gesprochen. Gleichermaßen können
sich bei einer südlichen Strömung gegen die Alpen auch auf deutscher
Seite im Alpenvorland kleine Lee-Tiefs entstehen. Zur
Lee-Tiefentwicklung können Interessierte im letzten Abschnitt einige
Details lesen.
Zunächst aber möchte ich Ihnen weitere Informationen zu den
Tiefdruckgebieten, die uns in den vergangenen Tagen und Wochen den
teils andauernden Regen brachten, geben.
Während die oben beschriebenen Genuatiefs häufig die sogenannte
Vb-Zugbahn (gesprochen: 5b) einschlagen und somit zuerst an den
südlichen Alpen entlang nach Osten ziehen, dann um die Ostalpen herum
nach Norden einschwenken um sich schließlich über Tschechien und dem
westlichen Polen in Richtung Ostsee zu verlagern, nehmen die
bayrischen Lee-Tiefs in nordöstlichen Richtung meist den direkten Weg
zur Ostsee. Insbesondere die Genuatiefs können über dem recht warmen
Mittelmeer viel Wasserdampf aufnehmen, um ihn dann über die Bildung
von mächtigen Regenwolken durch Aufgleiten von Warmluft z. B. über
Ostdeutschland wieder abzugeben. Ein solches Tief führte im Jahre
2002 auch zum bekannten "Elbehochwasser". Der Wassergehalt der
bayrischen Lee-Tiefs ist dagegen wesentlich niedriger. Meist können
sie erst im Bereich der Ostsee weitere Feuchte aufnehmen und diese
gesteuert von der Strömung auf der Nordflanke eines Höhentiefs (wie
zurzeit über Polen) von Nordosten nach Deutschland führen.
Insgesamt ist es eigentlich egal, welches der genannten Tiefs die
Niederschläge bringt. Was anfangs ein Segen für die Landwirte war,
entpuppt sich nun langsam zum Alptraum. Vielleicht können Sie sich ja
mit ein paar Bauernregeln trösten. So heißt es nämlich:
Grünen die Eichen vor dem Mai, zeigt's, dass der Sommer fruchtbar
sei.
Ist's im Mai recht kalt und nass, füllt er dem Bauern Scheun und
Fass.
Ein kalter Mai tötet das Ungeziefer und verspricht eine gute Ernte.
Mairegen bringt Segen, da wächst jedes Kind, da wachsen die Blätter
und Blumen geschwind.
Im Mai ein warmer Regen bedeutet Früchtesegen.
Lee-Tief-Entstehung:
Die Entwicklung von Lee-Tiefs basiert auf der theoretischen Grundlage
der potentiellen Vorticity. Der Begriff Vorticity stammt vom
lateinischen vortex für Wirbel ab, und heißt übersetzt soviel wie
Wirbelgröße oder Wirbelhaftigkeit. Hoch- und Tiefdruckgebiete
besitzen Vorticity, entweder gegen den oder im Uhrzeigersinn. Die
potentielle Vorticity beschreibt nun einen Zusammenhang zwischen
absoluter Vorticity (relative Vorticity durch Scherung oder Krümmung
und planetare Vorticity durch die Erdrotation) und statischer
Stabilität. Da die potentielle Vorticity eine Erhaltungsgröße ist,
muss sie immer gleich bleiben. Dies bedeutet, dass sich die absolute
Vorticity und die statische Stabilität ausgleichen müssen. Überströmt
nun die Luft ein Gebirge, so nimmt die statische Stabilität bis zum
Gebirgskamm zunächst ab. Dies wiederum bedeutet, das die absolute
Vorticity und somit die auch die relative Vorticity (planetare
Vorticity konstant) kleiner werden, was schließlich eine
antizyklonale, also eine Drehung im Uhrzeigersinn, verursacht. Hinter
dem Gebirgskamm nimmt die statische Stabilität wieder zu, sodass
absolute und somit auch relative Vorticity größer werden, um
schließlich eine zyklonale, also eine Drehung gegen den Uhrzeiger,
hervorzurufen. Daraus resultiert dann schließlich unser Lee-Tief.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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