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09. August 2015 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

El-Niño - "Ein Christkind" beeinflusst das Weltklima - Teil 1

El-Niño - "Ein Christkind" beeinflusst das Weltklima - Teil 1

Datum 09.08.2015

El-Niño! Ein Name mit großem Einfluss. Etwas verspätet zog El- Niño nun doch in dem tropischen Pazifik ein und beeinflusst das Weltklima nachhaltig. Im ersten Teil erfahren sie nun was sich hinter diesem Phänomen verbirgt.

Lange wurde das "Christkind" vorhergesagt, nun ist es mit voller Wucht eingetreten und wird sich voraussichtlich auch noch länger halten. Schon zur Jahresmitte 2014 prognostizierten die Experten ein El-Niño-Ereignis spätestens zum Nordwinter 2014/15. Doch die Oberflächenwassertemperaturen belegen, dass El-Niño erst in diesem Frühjahr so richtig Fahrt aufgenommen hat und das Meerwasser bis vor die Küste Perus und Chiles deutlich erwärmt.

Ein wesentlicher Grund für das El-Niño-Phänomen sind schwächelnde Passatwinde. Der Passat ist dabei ein mäßig starker und beständiger Wind im Bereich der Tropen oder teilweise auch der Subtropen (bis etwa 30° nördlicher oder südlicher geographischer Breite), der rund um den Erdball auftritt und häufig küstenparallel an den Westküsten der Kontinente weht. Allgemein unterscheidet man zwischen dem Nordost-Passat auf der Nordhalbkugel und dem Südost-Passat auf der Südhalbkugel (vgl. Abbildung 1.).


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Da die Oberflächenströmungen der Meere im Wesentlichen durch Wind angetrieben werden, sind im tropischen und subtropischen Ozean in erster Linie die beschriebenen Passatwinde für Meeresströmungen verantwortlich. Dabei gibt der Wind durch die Reibung einen Impuls (Bewegungsgröße, Stärke einer bewegten Masse) an das Wasser der oberflächennahen Schichten des Ozeans ab. Das Wasser wird entsprechend mit der Windrichtung "gezogen". Durch die Erdrotation wirkt auf bewegte Flüssigkeiten oder Gegenstände jedoch eine ablenkende Kraft, die sogenannte Corioliskraft (vgl. unter http://www.dwd.de/lexikon, Stichwort "Corioliskraft"). Mit der Tiefe nimmt die Abweichung der Wasserströmung von der herrschenden Windrichtung stetig zu, bis der Windimpuls seine Antriebskraft komplett verliert und das Wasser steht. Über die gesamte Tiefe gemittelt kommt es daher zu dem Effekt, dass sich das Wasser nicht in Windrichtung, sondern in eine Richtung senkrecht zum Wind bewegt.

Durch diesen sogenannten "Ekman-Transport" wird das küstennahe relativ warme Oberflächenwasser westwärts von den Küsten weg auf den Ozean getrieben. Da durch die Kontinente von Osten kein Wasser nachströmen kann, quillt aus Massenerhaltungsgründen kaltes, nährstoffreiches Tiefenwasser auf und ersetzt somit das abtransportierte warme Wasser an der Oberfläche (vgl. Abbildung 2).

Dies trifft im Normalfall auch auf die Westküste Südamerikas zu. Während vor Peru und Kolumbien kaltes Tiefenwasser aufquillt, sammelt sich an den Küsten Australiens und Indonesiens das warme Oberflächenwasser an. Dieses wiederum erwärmt die unteren Luftschichten. Die bodennahe, erwärmte Luft ist leichter als die Umgebungsluft und steigt daher auf. Durch die Abkühlung mit der Höhe bilden sich Wolken sowie schließlich starke und teils auch länger anhaltende Regenfälle. Es entsteht ein lokales stationäres Tiefdruckgebiet. Gleichzeitig bildet sich über dem kalten Wasser vor Südamerikas Westküste ein Hochdruckgebiet mit absinkender Luft. Nachfolgend entsteht zwischen Südamerika und Indonesien eine zum Äquator parallele Luftzirkulation. Der englische Meteorologe Gilbert Walker entdeckte diesen Luftaustausch in den 20er Jahren und benannte ihn als "Walker Zirkulation". Die Schwankungen des Druckunterschieds zwischen dem Hochdruckgebiet im südöstlichen Pazifik (als Messwert wird der Luftdruck auf Tahiti genommen) und dem asiatisch-australischen Tiefdrucksystem (Luftdruck auf Djakarta, Indonesien) bezeichnete er als "Southern Oscillation" (vgl. Abbildung 3 oben).

Die Ausbildung bzw. Ausprägung der Walker-Zirkulation ist direkt an die Subtropenhochs und somit an die Stärke der Passatwinde geknüpft. Schwächt sich das pazifische Hochdruckgebiet ab, lassen auch die Passatwinde nach oder flauen sogar fast völlig ab. Resultierend wird auch weniger warmes Oberflächenwasser von den Küsten Südamerikas ostwärts Richtung Australien und Indonesien transportiert, sodass das kalte Tiefenwasser kaum oder gar nicht aufquillt. Dadurch befindet sich das wärmste Wasser nicht mehr über Südostasien, sondern weiter östlich in Richtung der Westküste Südamerikas. Entsprechend verlagert sich auch das Tiefdruckgebiet von Indonesien auf den Pazifik hinaus. Zeitweise kann sich die Zirkulation sogar komplett umdrehen, sodass dann über Südostasien hoher und im östlichen Pazifik tiefer Luftdruck dominiert. Die Erhöhung des Luftdrucks über Südostasien und dem westlichen Pazifik sowie der Druckfall im östlichen Pazifik (Westküste Südamerikas) kommen aus bisher ungeklärten Gründen in Intervallen von etwa 3 bis 8 Jahren vor. Weil diese Phase der "Southern Oscillation" meistens um Weihnachten auftritt, wird sie auch als El-Niño (das Christkind, vgl. http://www.dwd.de/lexikon, Stichwort: El-Niño) bezeichnet (vgl. Abbildung 3 unten).

Als Folge kommt es über dem Pazifik und an den Westküsten Südamerikas zu starken Niederschlägen, während es in Südostasien und Australien trocken bleibt und Dürren auftreten. Die Wirkungen eines El-Niño Ereignisses sind jedoch wesentlich weitreichender und nicht nur auf die pazifische Region beschränkt. Als Fernfolge von El-Niño überwiegen z.B. im Bereich des Amazonas, wo normalerweise typisch tropisch-feuchte Verhältnisse herrschen, nun längere trockene Phasen. Dagegen ist das "Christkind" in Südafrika durch eine überdurchschnittlich warme und sehr trockene Witterung spürbar. Im südlichen Teil von Nordamerika zieht die El-Niño-Phase dagegen meist ein feuchtes und kühles Wetter nach sich.

Das letzte El-Niño Ereignis liegt nun schon über fünf Jahre zurück. Zwischen Juni 2009 und Mai 2010 wurden letztmals signifikant positive Abweichungen der Oberflächenwassertemperaturen (>0,5°C) im tropischen Pazifik gemessen. Seitdem wechseln sich der "Normalfall" und "La-Niña", die eine Phase mit einer besonders stark ausgeprägten Walker-Zirkulation beschreibt (vgl. http://www.dwd.de/lexikon, Stichwort: El-Niño), ab.

Nachdem der US-amerikanische Wetterdienst NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration), der bei der Beobachtung und Vorhersage des El Niño-Phänomens federführend ist, das Auftreten eines El Niño-Ereignisses schon während des Nordwinters 2014/15 mit einer Wahrscheinlichkeit von 58% bezifferte, braute sich in diesem Frühjahr verspätet nun doch etwas zusammen! Für weiterführende Informationen über das derzeitige El-Niño-Ereignis lesen sie das Thema des Tages am Dienstag, den 11. August.



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