23. September 2013 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Hat das Wetter einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung?
Und die Gewinnerin ist: Frau Merkel! Nun ist es entschieden! Am gestrigen Wahlsonntag konnte sich insbesondere die Union über einen deutlichen Stimmenzuwachs freuen.
Doch kamen diese neuen Wähler auch aus dem Bereich der Nichtwähler von vor 4 Jahren? Konnten die Parteien diese Wähler mobilisieren oder war das Wetter entscheidend am Ausgang der Wahl beteiligt? Denn das Wetter am Wahlsonntag wird nur zu gerne als Ausrede für eine schlechte Wahlbeteiligung und schließlich auch für das schlechte Abschneiden einzelner Parteien genutzt. Aus diesem Grund möchte ich in den nächsten Zeilen das Wetter vom Wahlsonntag mit der Wahlbeteiligung in Verbindung bringen und die Ergebnisse mit den Wahlen von 2009 und 2005 vergleichen.
Schon nach der Wahl 2009 wurde dieser Fragestellung nachgegangen.
Damals haben die Wissenschaftler des Hamburger Institutes für Wetter-
und Klimaforschung statistisch gezeigt, dass eine warme und sonnige
Witterung die Wahlbeteiligung nachteilig beeinflusst. Demnach lässt
ein Temperaturplus von einem Grad die Wahlbeteiligung um ca. 100.000
Wähler schrumpfen. Auch bei der Sonnenscheindauer konnte Ähnliches
beobachtet werden. Für diese Studie werteten die Wissenschaftler das
Wetter der Bundestagswahlen seit 1949 aus. Doch gelten die Ergebnisse
auch für die gestrige Bundestagswahl?
Am 18. September 2005 herrschte meist sonniges Wetter vor. Lediglich
die Regionen an den Alpen sowie an den Küsten waren etwas
benachteiligt. In diesen Gebieten trat vereinzelt sogar leichter
Sprühregen auf. Die Temperaturen lagen bei noch angenehmen 14 bis 18
Grad. Bei der Wahlbeteiligung wurde im Vergleich zur Wahl in 2002 ein
Rückgang von 1,4% auf 77,7% festegestellt.
Auch am 27. September 2009 lag ein ausgedehntes Hochdruckgebiet über
Europa. Von Frankreich bis nach Polen konnten sich die Menschen
vieler Sonnenstunden erfreuen. Auch die Temperaturen erreichten in
Deutschland und den anliegenden Ländern verbreitet Werte über 20
Grad. In Deutschland waren wieder nur der äußerste Norden
(Schleswig-Holstein) sowie der Alpenrand etwas benachteiligt. Dort
konnten sich zeitweise dichtere Wolken vor die Sonne schieben.
Insgesamt gingen damals aber nur magere 70,8% der stimmberechtigten
Bürger zur Urne, was wiederum eine Zunahme der Nichtwähler um 6,9%
bedeutete.
Am gestrigen Wahlsonntag war Deutschland beim Wetter zweigeteilt. Der
Norden wurde durch eine Warmfront gestrichen, die bei vielen Wolken
örtlich sogar etwas Sprühregen brachte. Im Süden und Südwesten konnte
sich nach zögerlicher Nebelauflösung die Sonne vielfach durchsetzen
und gebietsweise sogar länger andauernd scheinen. Die Temperaturen
erreichten Werte bis 22 Grad am Oberrhein. Unter den Wolken im Osten
und im östlichen Mittelgebirgsraum wurden dagegen nur recht kühle 14
bis 18 Grad gemessen. Die Wahlbeteiligung konnte im Vergleich zur
Wahl 2009 um 0,7% auf 71,5% etwas zulegen, bliebt aber immer noch um
6,2% unter dem Ergebnis von 2005.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass man im Vergleich zum Wahlwetter
in 2009 das Wetter von gestern in vielen Bereichen von Deutschland
als schlechter bezeichnen kann. Die leichte Steigerung der
Wahlbeteiligung würde also den Ergebnissen aus der Hamburger Studie
entsprechen. Bei dem Vergleich mit dem Jahr 2005 wird die Hypothese
des Hamburger Institutes jedoch nicht bestätigt. Bei ähnlichem Wetter
gingen 2005 wesentlich mehr Wähler zur Wahl als in diesem Jahr.
Unterschätzt die Studie vielleicht einen durchschnittlichen
Wettercharakter? Es könnte doch sein, dass die Menschen bei zu
schlechtem Wetter mit viel Regen und kühlen Temperaturen eher zu
Hause bleiben. Bei warmen Temperaturen und viel Sonne dagegen in den
Biergarten oder auf die Liegewiese lockt. Wolkiges aber auch trocken
mildes Wetter, ähnlich wie gestern, könnte dann doch die beste
Kombination für eine hohe Wahlbeteiligung sein. Fragt sich nur,
welchen Anteil die echten politischen Themen zur Wahlbeteiligung
schließlich noch beitragen.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: wahlschlepper.net
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