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18. Juni 2013 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Der Deckel hält ... noch!

Es ist heiß in Deutschland, dieser Tage. Die Hitzewelle schlägt dabei richtig heftig zu. Hatten wir am vergangenen Wochenende noch angenehme Werte zwischen 20 und 25 Grad, startete die Woche in der Südhälfte mit 30 bis 35 Grad. Am heißesten war es dabei im Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland mit 36.1 Grad am Euroairport Basel-Mulhouse-Freiburg.

Die kurze aber heftige Hitzewelle erreicht heute und morgen ihren Höhepunkt.
Die kurze aber heftige Hitzewelle erreicht heute und morgen ihren Höhepunkt.


Am heutigen Dienstag wird sich die Hitze noch weiter steigern. Von
der Mitte bis in den Süden werden verbreitet 30 bis 36 Grad erwartet,
lokal sind auch bis 38 Grad möglich! Wer Werte unter 30 Grad sucht,
muss sich schon in den Norden aufmachen. Idealerweise begibt man sich
auf eine der Nord- oder Ostseeinseln. So erreichen die Höchstwerte
beispielsweise auf Wangerooge nur 19 Grad. Und auch am Mittwoch
bieten die Inseln den letzten Zufluchtsort, denn die 30-Grad Marke
kommt sogar bis nach Schleswig-Holstein voran.

Den einen oder anderen mag es da verwundern, dass trotz dieser Hitze
nur recht defensiv die Vokabel "Gewitter" in den Berichten auftaucht.
Oft fällt der Hinweis in Kombination mit den Worten "bevorzugt im
Bergland". Um das zu verstehen, muss man sich zunächst erstmal
überlegen, was für Dinge man für ein Gewitter alles braucht.

Ein Gewitter lässt sich nur dann brauen, wenn man die notwendigen
Zutaten beisammen hat. Und dafür schauen wir einfach in das
Wetter-Rezeptbuch und schlagen die Seite mit Gewittern auf. Ein
wichtiger Bestandteil ist nicht, wie man vielleicht vermutet, die
Temperatur in Bodennähe. Viel entscheidender ist die Stärke, mit der
die Temperatur mit der Höhe abnimmt. Je größer diese
Temperaturabnahme ist, desto besser für die Gewitter. Man nennt diese
Zutat "Instabilität" und davon ist dieser Tage wirklich reichlich
vorhanden.

Eine zweite wichtige Zutat ist die Feuchtigkeit. Ohne Feuchtigkeit
werden sich keine Wolken bilden und damit auch keine Gewitter. Sehr
wichtig ist dabei vor allem, wie es in der bodennahen Schicht
ausschaut, denn von dort steigen die Luftpakete nach oben. Ist es zu
trocken, wird es sehr schwierig, dass sich überhaupt Wolken bilden.

Eine dritte entscheidende Zutat ist die Hebung. Dies ist der
dynamische Antrieb, quasi der Motor der Gewitter. Ein guter
Kraftstoff sind zum Beispiel Fronten. Besonders Kaltfronten liefern
oft kräftige Hebung und sind damit oft ein Gewitterbringer. Es gibt
aber auch kleinräumige Hebungsantriebe, wie beispielsweise die
Orographie. Berge beeinflussen die Luftströmung. So wird die Luft
entweder über den Berg gehoben, oder um ihn herum. Ohne weiter ins
Detail gehen zu wollen, ist die Orographie häufig ein ganz
entscheidender Trigger bei der Auslöse von Gewittern, wenn es sonst
keine großräumigen Hebungsvorgänge gibt.

Schauen wir nun auf die aktuelle Situation. Zutat 1 ist wie
angesprochen ausreichend vorhanden. Bei Nummer 2 wird es aber schon
schwieriger. Auch wenn das Schwülempfinden steigt, so sind gerade die
entscheidenden unteren Schichten verhältnismäßig trocken (geringe
relative Feuchtigkeit). Man kann das auch gut mit einem Kochtopf
vergleichen. Wenn der Deckel dort drauf ist, dann wird man den
aufsteigenden Dampf nicht sehen. Bei unserem virtuellen Kochtopf
Atmosphäre sind das analog die Wolken, die sich nicht bilden.

Es fehlt aber nicht nur an bodennaher Feuchtigkeit, sondern auch an
Zutat 3 - der Hebung. Weit und breit sind keine Fronten oder sonstige
großräumige Hebungshilfsmittel zu finden. Die einzige Hoffnung sind
also die Berge. Sie liefern nicht nur die notwendige Hebung, sondern
helfen auch die Luft in Luftschichten zu befördern, wo mehr
Feuchtigkeit zur Verfügung steht. Die Berge, das sind die berühmten
Schlitze zwischen Topf und Deckel, wo dann doch etwas Dampf
entweicht.

Der Deckel hält ... noch. Denn die Atmosphäre brodelt und der Deckel
wackelt. Spätestens zum Donnerstag wird er wohl herunterfallen, denn
eine Kaltfront nähert sich von Westen. Unter Verschluss hat sich bis
dahin einiges zusammengebraut und einmal freigelassen wird es
vielerorts zu heftigen Entwicklungen kommen. Sturmböen, heftiger
Starkregen und großer Hagel sind zu erwarten. Es ist also angerichtet
...


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD

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