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10. August 2019 | Dr. rer. nat. Jens Bonewitz

Temperaturmessungen vom Weltall aus

Temperaturmessungen vom Weltall aus

Datum 10.08.2019

Seit den 1970er Jahren kann man die Lufttemperatur von Satelliten aus messen und hat so die Möglichkeit, einerseits die Temperatur, andererseits auch deren vertikale Verteilung vom Boden bis hinauf in die Stratosphäre zu erfassen.

Zur Messung der Lufttemperatur hat man sich in der Meteorologie dafür entschieden, die Mikrowellenstrahlung von Sauerstoffmolekülen in der Atmosphäre heranzuziehen, die ein sehr genaues Thermometer darstellt. Daher bezeichnet man diese Daten auch als MSU-Daten (Microwave Sounding Unit, nach dem Messinstrument an Bord des Satelliten). An den Messungen sind ständig mindestens 2 Satelliten beteiligt, deren Ergebnisse untereinander verglichen werden. Die Messmethode erlaubt sogar, zwischen verschiedenen Höhenbereichen, nämlich der Troposphäre und der Stratosphäre, zu unterscheiden. Mikrowellengeräte erlauben die Bestimmung von Erdoberflächenparametern und atmosphärischen Parametern durch die Wolkenbedeckung hindurch. Im Jahre 1972 wurden die ersten Geräte auf US-Satelliten eingesetzt, zunächst auf den Nimbus-Satelliten der NASA als ESMR (Electrically Scanning Microwave Radiometer), als SCAMS (Scanning Microwave Spectrometer) und schließlich als SMMR (Scanning Multichannel Microwave Radiometer). Ab 1975 wurde von NOAA auf der neuen Serie operationeller Satelliten (TIROS-N ff.) die MSU (Microwave Sounding Unit) zum Einsatz gebracht, die im Aufbau dem SCAMS ähnelt. Die MSU hat vier Kanäle in der 50-60 Ghz (0,6-0,5 cm) Sauerstoff-Absorptionsbande (der Bereich des Strahlungsspektrums, wo der Sauerstoff Strahlung absorbiert und dann als so genannter Temperaturstrahler wieder emittiert) und damit sind Temperatur-Vertikalsondierungen bis 50 hPa (mittlere Stratosphäre) heute möglich. Die MSU wird seit ca. 30 Jahren auf NOAA Satelliten eingesetzt und alle Geräte zeichneten sich durch sehr große Stabilität und Genauigkeit aus, allerdings sind die geringe horizontale Auflösung mit mehr als 100 km und die geringe vertikale Auflösung (vier Atmosphärenbereiche (untere Troposphäre, mittlere Troposphäre, Übergang Troposphäre/ Stratosphäre, untere Stratosphäre) von Nachteil. Die Temperaturdaten ab 1979 stammen von mittlerweile 11 unterschiedlichen Messinstrumenten, die auf 11 unterschiedlichen NOAA-Satelliten geflogen sind. Seit 2008 ist das präziseste Gerät, die Advanced Microwave Sounding Unit (AMSU-A) auf dem Aqua Satelliten der NASA im Einsatz. Messungenauigkeiten, die sich aufgrund der unterschiedlichen Geräte, Umlaufbahnen, etc. ergeben, sind dabei zu berücksichtigen und zu korrigieren. Zur Temperaturbestimmung: Mit dem Satelliten-Sensor wird die emittierte Strahlung der Sauerstoffmoleküle gemessen, deren spektrale Verteilung (physikalisch in Abhängigkeit von der Temperatur) bekannt ist. Die gemessene Strahldichte kann mit Hilfe der Planck'schen Strahlungsformel in eine Temperatur (Helligkeits-Temperatur) umgerechnet werden. Auf den ersten Blick erscheint nur die vertikal gemittelte Temperatur bestimmbar zu sein, denn am Sensor kommt die Strahlung aus allen Schichten der Atmosphäre (mit unterschiedlicher Helligkeits-Temperatur) gleichzeitig an. Misst man allerdings die Strahlungsänderung bei verschiedenen Frequenzen in der Nähe einer Spektrallinie (d.h. in den Banden, oder auch Randbereichen einer Spektrallinie, sog. Spektralkanäle), dann kann man daraus die vertikale Verteilung der Temperatur ermitteln. Diese Methode ermöglicht es mit hinreichender Genauigkeit die Lufttemperatur jederzeit und weltweit zu bestimmen, d.h. auch über Gebieten, wo es keine oder kaum Temperaturmessungen gibt (z.B. über weiten Teilen der Ozeane). Noch wertvoller scheint in diesem Zusammenhang auch die vertikale Temperaturverteilung bis in die Stratosphäre hinauf, was uns Meteorologen Rückschluss erlaubt auf die jeweils vorhandene Schichtung der Atmosphäre, d.h. mitunter auch darüber, wo Niederschlag zu erwarten ist.



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