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25. Februar 2018 | MSc.-Met. Sebastian Schappert

"Trouble in Paradise" - Die Fortsetzung

"Trouble in Paradise" - Die Fortsetzung

Datum 22.02.2018

Nachdem der Zyklon "GITA" mit extremen Orkanböen und sintflutartigen Regenfällen für große Zerstörungen auf den Samoa-Inseln, im polynesischen Königreich Tonga und auf Fidschi sorgte, trafen seine "Reste" am vergangenen Dienstag und Mittwoch auf Neuseeland.

Für viele Backpacker (Rucksacktouristen) ist Neuseeland DAS Reiseziel schlechthin. Denn das "Land der langen, weißen Wolke" (von den einheimischen Maori auch "Aotearoa" genannt) bietet im derzeit vorherrschenden Sommer neben Sonne, Strand und Meer auch allerhand abenteuerliche Abwechslung. Aufgrund seiner Lage am Rand der pazifischen Platte gehört Neuseeland zum pazifischen Feuerring (engl. "Ring of Fire"), einem Vulkangürtel, der sich aufgrund tektonischer Verschiebungen entlang des Randes der Platte ausbildete. Entsprechend kann man im "Land der Kiwis" auch in heißen Quellen baden und Vulkane besteigen. Auf der Südinsel befinden sich zudem Gletscher, die zu Alpinsport einladen. Darüber hinaus ist die Distanz zwischen den Gletschern und den in tieferen Lagen befindlichen gemäßigten Regenwäldern so gering, wie nirgendwo sonst auf der Erde.


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Allerdings wurde diese Idylle an den beiden vergangenen Tagen von den Resten des Zyklons "GITA" gestört. Bereits Anfang Februar bildeten sich südlich der Salomonen erste Gewitterkomplexe, die sich in der Folge im Laufe des Monats zu einem tropischen Zyklon organisieren sollten (siehe Thema des Tages vom 15.02.2018). Dabei bekam besonders die Hauptinsel von Tonga, Tongapatu, die Kraft von GITA zu spüren, als der mittlerweile auf Kategorie 4 (auf der australischen Skala für Wirbelstürme) hochgestufte Wirbelsturm direkt auf diese übergriff. Westlich von Tongapatu intensivierte sich GITA noch weiter und erreichte in der Nacht zum Mittwoch (14.02.) die Kategorie 5 mit geschätzten Spitzenböen von bis zu 285 km/h. In der Folge traf GITA (mittlerweile wieder als Kategorie 4-Wirbelsturm) auch auf einige Fidschi-Inseln und sorgte dort ebenfalls für Chaos und Zerstörung, bevor der Zyklon unter weiterer Abschwächung südwestwärts in Richtung Tasmansee abbog.

In der Nacht zum Dienstag (20.02.) wandelte sich der Zyklon GITA dann in ein außertropisches Tief um. Im Falle eines tropischen Wirbelsturms sind die stärksten Winde nahe des Zentrums konzentriert. Bei einem außertropischen Tief sind die Winde zwar schwächer, aber dennoch kommt es zu teils unwetterartigen Wettererscheinungen, die über eine wesentlich größere Fläche verteilt auftreten können. Die ungefähre Zugbahn des Zyklons GITA finden Sie in der linken Grafik unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/2/22.html.

So konnte GITA am Dienstag vor der Küste Neuseelands lokalisiert werden, womit kräftige Regenfälle und Gewitter auf das Festland übergriffen. Die zugehörige Bodenanalysekarte mit Fronten, Luftdruckzentren und Wetterbeobachtungen, die vom neuseeländischen Wetterdienst noch in akribischer Feinstarbeit von Hand gezeichnet wird, verdeutlicht die Situation am Dienstagabend gegen 18 Uhr Lokalzeit (siehe rechte Grafik). Besonders beeindruckend sind dabei die dicht gedrängten Isobaren über der Südinsel (=graue, durchgezogene Linien gleichen Luftdrucks), die auf große Luftdruckgegensätze auf kleinstem Raum und somit auf sehr hohe Windgeschwindigkeiten schließen lassen. Dabei konnten verbreitet Windgeschwindigkeiten über 100 km/h beobachtet werden, auf der zwischen der Nord- und Südinsel exponierten Stephens Island traten am Dienstagvormittag Spitzenböen von 144 km/h (extreme Orkanstärke) auf.

Bezüglich des Niederschlags zeigten die "Reste" des Zyklons ebenfalls, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Bis in die Frühstunden des Mittwochs wurden laut des neuseeländischen Wetterdienstes in großen Teilen der Südinsel gebietsweise über 100 Liter pro Quadratmeter in nur 39 Stunden verzeichnet, in der Kaikoura-Region im Nordosten der Südinseln wurden sogar Regenmengen von knapp 300 Liter pro Quadratmeter gemessen. Die höheren Bergregionen konnten sich derweil über mindestens 5 bis 10 cm Neuschnee im Hochsommer freuen. Und auch das Meer spiegelte die Kraft des ehemaligen Zyklons wider. An einer Boje im Hafen von Taranaki konnte eine Monsterwelle (auch als Riesenwelle oder Kaventsmann bekannt) mit einer Höhe von sagenhaften 15 Metern beobachtet werden.

Entsprechend kam es in einigen Regionen zu gravierenden Auswirkungen und es musste der Notstand ausgerufen werden. Die Westküste war teilweise von der Außenwelt abgeschnitten, Straßen wurden unterspült und sind einsturzgefährdet, Häuser wurden zerstört. Darüber hinaus kam es zu Erdrutschen, die ebenfalls den Zugang zu einigen Regionen blockierten. Nach diesem Chaos im paradiesischen Neuseeland steht den "Kiwis" (Spitzname der Bevölkerung, der vom flugunfähigen und vom Aussterben bedrohten Nationalvogel Neuseelands, dem Kiwi-Vogel abstammt) ein ruhiges und weitgehend trockenes Wochenende mit viel Sonne bevor. Zum Start in die neue Woche kommen allerdings weitere Regenfälle auf.



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