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28. September 2017 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Die Halligen - Land unter (Teil 3)

Die Halligen - Land unter (Teil 3)

Datum 28.09.2017

Im Thema des Tages vom 27. September wurden die meteorologischen Bedingungen beschrieben, die zur Entwicklung von Sturmtief Sebastian geführt haben. Heute werden die Auswirkungen des Sturms gezeigt, die zu "Land unter" auf der Hallig Hooge führten.

Wie im Thema des Tages vom 27. September beschrieben, bildete sich im Verlauf des 10. Septembers ein Tiefdruckgebiet vor Neufundland, das in der Folge unter stetiger Intensivierung ostwärts über den Nordatlantik zog und als Sturmtief am 13. September die Nordsee erreichte. Sein Sturmfeld erfasste im Tagesverlauf besonders die südlichen Bereiche der Nordsee und somit auch die Halligen.


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Bereits am 12. September wurden überall auf der Hallig Hooge die alltäglichen Gegenstände, wie Mülleimer oder Strandkörbe, gesichert oder weggeräumt. Abgesehen davon gab es für die wenigen Urlauber kaum Anzeichen auf das bevorstehende Ereignis. Am 13. September verschlechterte sich jedoch das Wetter im Verlauf des Vormittags fortwährend, als der zu Sebastian gehörende Tiefausläufer mit anhaltendem Regen über die Hallig zog. Dabei erreichte der Wind zunehmend Sturmstärke. Zur Mittagszeit ging der Regen in teils kräftige Schauer über, wobei während der Schauer die ersten schweren Sturmböen (Bft 10) gemessen wurden. Sebastian erreichte derweil mit einem Kerndruck von etwas unter 980 hPa den Westen Dänemarks und die Halligen gelangten somit auf die Südseite des Sturmtiefs. In diesem Bereich eines Tiefs befindet sich häufig der stärkste Wind und auch an diesem Tag deutete eine dichte Isobarendrängung (Drängung der Linien gleichen Luftdrucks) auf ein ausgeprägtes Sturmfeld über der südlichen Nordsee hin.

Das Wetter gestaltete sich am Nachmittag sehr wechselhaft mit teils heftigen Schauern und nur kurzen Wolkenlücken, wobei der Wind immer weiter an Kraft gewann und mit schweren Sturmböen, teils auch orkanartigen Böen um 117 km/h (Bft 11 bis 12) über die Halligen fegte. Wie bereits im ersten Teil beschrieben, wehte der Südwest- bis Westwind sehr beständig und wies nur beim Durchgang von Schauern eine stärkere Böigkeit auf. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man am Rand der Hallig problemlos der Naturgewalt zuschauen, denn dank der Ebbe war kaum Wellengang zu erkennen. Während der Sturm bereits tobte, trieben die Bewohner der Hallig Hooge ihr Vieh am frühen Nachmittag rasch auf die Warften, um es vor dem einbrechenden Wasser zu schützen.

Im Verlauf des Nachmittags änderte sich dann aber das Erscheinungsbild des Meeres rasch, denn die einsetzende Flut und der andauernde Sturm drückten das Wasser in einer unfassbaren Geschwindigkeit in die flachen Bereiche der Deutschen Bucht und somit auch auf die Halligen. Zum späten Nachmittag (zwischen 16 und 17 Uhr MESZ) schließlich erreichten die Wellen die Kämme der kleinen Deiche und das Wasser überspülte in den folgenden zwei Stunden die gesamte Hallig Hooge. Nun hieß es "Land unter" (siehe Bild). Bis zum Einbruch der Dunkelheit fühlte man sich wie auf einer winzigen Insel. Nur die Warften schauten noch bei weiterhin anhaltendem schweren Sturm aus dem tosenden Meer heraus, während die Wolken mit hoher Geschwindigkeit über den Abendhimmel zogen: Ein Eindruck, den man nicht so schnell vergisst. Das Gefühl der Hilflosigkeit der Menschen von früher konnte man sehr gut nachvollziehen, gab es doch damals keine so verlässliche Wetter- und Wasserstandsvorhersage, wodurch solch ein Sturmereignis nicht selten überraschend erfolgte.

Im Verlauf der Nacht zum 14. September schwächte sich der Wind kontinuierlich ab und auch das Wasser ging allmählich zurück. Letztendlich hieß es aber noch bis zum Abend des 14. September "Land unter" auf der Hallig. An eine An- oder Abreise konnte bis dahin nicht gedacht werden.

Bei besonders schweren Sturmfluten, wenn selbst die Warften keinen richtigen Schutz mehr bieten, dient übrigens ein hochreichender und in die Häuser eingearbeiteter Betonraum für die letztmögliche Zuflucht vor Wind und Wasser. Soweit kam es allerdings bei Sturmtief Sebastian nicht.

Auf jeden Fall war es ein beeindruckendes Naturschauspiel, für die Halligen aber ein gar nicht so ungewöhnliches Ereignis. Der Kampf zwischen Land und Wasser geht aber auch in Zukunft mit unverminderter Kraft weiter, oder wie die Einheimischen sagen: De Blanke Hans, he givt un nimmt!



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