Facebook Twitter
Drucken
23. April 2017 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Märzfrühling kontra Aprilwinter - aber ein Hauch von Frühling am Montag!

Märzfrühling kontra Aprilwinter - aber ein Hauch von Frühling am Montag!

Datum 23.04.2017

Im März kam der Frühling in Schwung und legte dann im April eine Notbremse ein. Besonders die Vegetation bekam dies zu spüren. Während der März die Vegetation sprießen ließ, lässt der April diese wieder erfrieren. Wie kam es dazu und wie geht's mit dem Wetter weiter?

Verantwortlich für die überwiegend spätwinterliche Witterungsperiode Mitte und Ende April ist die derzeitige Luftdruckverteilung am Boden und in der Höhe. Am heutigen Sonntag herrscht in Bodennähe um das Hoch "Querida" herum von Grönland bis nach Westeuropa hoher Luftdruck vor. Weiter östlich konnte sich dagegen tiefer Luftdruck einnisten. Vor allem der Tiefdruckkomplex um das Tief "Quentin", das sich derzeit über Nordwestrussland und Finnland tummelt, lässt vom Nordmeer bis zum Schwarzen Meer kaum Raum für Hochdruckgebiete. Zwischen diesen beiden Luftdruckgegensätzen konnte sich eine Nordwestliche bis nördliche Grundströmung einstellen, die polare Luftmassen anzapft und über die Nordsee nach Mitteleuropa transportiert. Die noch recht kalte Nordsee kann dabei die Luftmassen kaum erwärmen, sodass Deutschland im April weiter unterkühlt daherkommt.


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Auch die Luftdruckverteilung in der Höhe (500 hPa, ~5500 m), die meistens als Wiege des Wettergeschehens angesehen werden kann, spiegelt derzeit die Bodenverhältnisse wider. Das Hoch "Querida" ist sehr hochreichend und ist auch im besagten Höhenniveau über dem Ostatlantik bestimmend. Auch über Skandinavien und Nordrussland herrscht entsprechend der Bodenverhältnisse tiefer Luftdruck vor. Daher ist auch in der Höhe eine nordwestliche Windströmung aktiv. Dieser sogenannte Polarjet (in etwa 300 hPa, vgl. http://bit.ly/2n8zq7x) zieht sich von Island über Deutschland hinweg bis nach Griechenland und erreicht Windgeschwindigkeiten von über 100 kt (> 185 km/h). In dem 850 hPa Niveau, also auf etwa 1500 Metern, weht der Wind immer noch mit Geschwindigkeiten über 30 kt (> 58km/h) sodass bei Schauern und Wintergewittern auch in Bodennähe mit starken bis stürmischen Böen zu rechnen ist. Durch den Wind-Chill-Effekt (vgl. http://bit.ly/2oVaioL) fühlen sich dementsprechend die Temperaturen noch kühler an.

Dass sich am Montag dennoch ein Hauch von Frühling in Deutschland durchsetzen kann, haben wir Tief "Reiner" zu verdanken. Dieses liegt am heutigen Sonntag noch vor Schottland und wird sich mit der angesprochenen nordwestlichen Strömung im weiteren Verlauf unter Verstärkung Richtung Dänemark und Ostsee verlagern. Auf dessen Vorderseite dreht der Wind vorübergehend auf Südwest, sodass der Zustrom an polarer Luft gekappt und durch mildere Luft aus südlicheren Breiten ersetzt wird. Einhergehend können die Temperaturen im Süden am Montag bei Zwischenhocheinfluss und somit viel Sonnenschein bis nahe an die 20-Grad-Marke steigen. Doch schon am Montagnachmittag und in der Nacht zum Dienstag ist es von Norden her mit dem zarten Frühlingshauch schon wieder vorbei. Denn rückseitig von "Reiner", also auf dessen Westflanke, kann erneut polare Luft einströmen und allmählich die mildere Luft verdrängen (vgl. allgemein die Graphik).



Auf dem Weg über die Nordsee kann die Luft zudem genügend Wasser aufnehmen, welches nachfolgend schließlich wieder zum Boden zurück fällt. Da die Luft in höheren Schichten (5 km) bei Temperaturen unter -25 Grad sowohl in den vergangen Tagen als auch in der kommenden Woche sehr kalt ist, stellen sich kräftige vertikale Luftumwälzungen ein. Die noch vergleichsweise warme und somit leichte bodennahe Luft steigt auf, während die sehr kalte und schwere Höhenluft absinkt. Je nach vertikalem Temperaturverlauf, Stärke der Aufwinde und bodennahen Verhältnisse sind teils kräftige Regen-, Schnee- oder Graupelschauer die Folge. Im Stau der Berge kann es auch länger schauerartig verstärkt regnen oder schneien.

Weil die derzeitigen Wetterverhältnisse über einen längeren Zeitraum im April vorherrschten, weist dieser eine Woche vor dem Ende nahezu landesweit eine leicht negative Temperaturbilanz auf. Meist werden in Deutschland derzeit negative Temperaturabweichungen zwischen 0 und 1 Grad registriert. Lediglich im Küstenumfeld sowie in Teilen Süddeutschland sind auch leicht positive Anomalien zu verzeichnen. Allgemein fühlt sich der April für viele Bürger jedoch deutlich kälter an. Dieses Empfinden basiert auf dem frühlingshaften, teilweise sogar frühsommerlichen März, der deutschlandweit im Vergleich zum vieljährigen Mittel mit einer Temperaturabweichung von etwa +3,7 Grad einen neuen Rekord aufstellte (vgl. http://bit.ly/2oAUa8x).


Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Die unterschiedlichen Luftdruckverhältnisse der Monate März und April lassen sich auch sehr gut bei der Analyse der vorherrschen Großwetterlagen erkennen. Während im April bis auf wenige Ausnahmen bisher kühle, zyklonal geprägte und somit feuchte West-, Nordwest oder Nordwetterlagen überwogen, kam der März häufiger mit hohem Luftdruck oder Südwestwetterlagen daher. Vom Nordatlantik bis nach Nordrussland herrschte überwiegend tiefer Luftdruck vor. Gleichzeitig dominierte von den Azoren ausgehend, teilweise bis nach Mitteleuropa, Hochdruckeinfluss. Dadurch konnte mit einer südwestlichen, zeitweise auch südlichen Strömung, milde bis warme Atlantik- oder Mittelmeerluft nach Deutschland geführt werden. Insgesamt wurde an 10 Tagen ein Hoch über Mitteleuropa registriert, das die Sonne verbreitet vom Himmel strahlen ließ. An weiteren 7 Tagen war ein hochreichendes Tief über dem Ostatlantik und dem Westen Europas wetterbestimmend, welches Deutschland aus Südwesten zwar mit etwas feuchterer, aber auch mit der besagten sehr milden Luft versorgte. Richtig regnerisch und kühl wurde es nur in der ersten Märzdekade, als sich hochreichende Tiefs über der Mitte Europas tummelten und immer mal wieder auch kühlere Luft aus Norden anzapften.



Bis zum Ende des Monats müssen wir uns wohl noch gedulden und mit eher spätwinterlichen Witterungsverhältnissen begnügen. Ob der Mai dann seinem Namen als Wonnemonat alle Ehre macht, wird sich zeigen. Diverse Modellprognosen geben zumindest Hoffnung auf die Rückkehr des Hochfrühlings. Nächste Woche wissen wir mehr.



© Deutscher Wetterdienst