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11. Januar 2017 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Die Grenzen der Wettervorhersage

Die Grenzen der Wettervorhersage

Datum 11.01.2017

Am morgigen Donnerstag steht eine brisante Wetterlage ins Haus, die noch mit größeren Unsicherheiten behaftet ist. Der mögliche Ablauf und die bestehenden Unterschiede werden im Thema des Tages näher beleuchtet.

Nach langen Hochdruckphasen zu Beginn des Winters stehen für alle Wetterinteressierten derzeit spannende Tage ins Haus. Die Wettermaschine läuft zu Hochform auf und sorgt für ein Wechselbad der Gefühle mit teils kräftigen Schneefällen am gestrigen Dienstag in den westlichen Landesteilen, die am heutigen Mittwoch wieder Regen und kräftigem Wind weichen müssen. Dafür ist im Tagesverlauf in Ostdeutschland etwas Neuschnee möglich. Der Wind weht auf den Bergen und an der See in Sturmstärke, exponiert auch mit schweren Sturmböen, sodass es in den Hochlagen zu Schneeverwehungen kommt. Kurzum: "Vollwetter".



Wer nun aber meint, dass wäre schon alles, was das Wetter zu bieten hat, der wird mit der Aussicht auf den morgigen Donnerstag und vor allem die Nacht auf Freitag eines Besseren belehrt. Eine hochspannende und unwetterträchtige Entwicklung steht ins Haus, die selbst einen Tag vor dem Eintreten von verschiedenen Wettervorhersagemodellen noch mit erheblichen Unterschieden prognostiziert wird.

Ausgangspunkt ist ein kräftiges und umfangreiches Tiefdrucksystem über Nordeuropa, dessen Haupttief den Namen Caius trägt. Dieses Tiefdrucksystem ist verantwortlich für das aktuell wechselhafte und teils winterliche Wettergeschehen. Nun passiert beginnend in der Nacht auf Donnerstag etwas, dass für die aktuelle Großwetterlage nicht unüblich ist. An der Südflanke des steuernden Tiefdruckgebietes entwickelt sich ein kräftiges Randtief mit dem Namen Egon. Dieses wird mit der westlichen Grundströmung vom Ärmelkanal kommend (Donnerstagmittag) über Deutschland (Mitternacht) bis zum Baltikum (Freitagmittag) geführt. Am zeitlichen Ablauf erkennt man, dass dieses Tief sehr fix und hochdynamisch unterwegs ist. In Meteorologenkreisen wird dafür gerne der Begriff "Schnellläufer" verwendet.

Eben diese Schnellläufer haben es in sich, da sie aufgrund ihrer rasanten und insgesamt eher kleinräumigen Entwicklung nur schwer von den Wettermodellen in den Griff zu bekommen sind. Die Wettervorhersage ist ein chaotischer Prozess, bei dem Kleinigkeiten große Änderungen bewirken können. Für großräumige Entwicklungen kommen die Kleinigkeiten erst nach einem längeren Vorhersagezeitraum zum Tragen. Bei kleinräumigen Störungen - wie das morgige Randtief Egon - können die Prozesse allerdings schon zu erheblichen Unsicherheiten im kurzfristigen Bereich führen.

Für Egon bedeutet dies, dass der zeitliche Ablauf zwar insgesamt klar ist, allerdings die genaue Zugbahn noch um mehrere hundert Kilometer verschoben gerechnet wird. Die deutsche Modellkette berechnet eine weit südliche Zugbahn über die Mitte des Landes hinweg, während GFS (Amerikaner) das Tief eher über den Norden ziehen lässt. Das ECMW (Europäer) liegt genau dazwischen. Unsicher sind zudem der Kerndruck und damit die Heftigkeit der Randtiefentwicklung. Am heftigsten wird die Entwicklung von GFS gesehen, dicht gefolgt von der deutschen Modellkette. Vergleichsweise schwach wird hingegen die Entwicklung vom ECMW gesehen.

Nehmen wir mal beispielhaft die Entwicklung vom deutschen Modell, dann würde der morgige Tag wie folgt ablaufen: Im Tagesverlauf des Donnerstages kommen von Westen und Südwesten länger anhaltende Niederschläge auf, die sich ostwärts über Deutschland ausbreiten und zunächst vielfach in Form von Schnee fallen. Später gehen diese dann in mittleren, nach Süden teils auch in höheren Lagen in Regen über. In der Nacht greift das Tief auf Deutschland über. Die Niederschläge intensivieren sich. Vor allem über der Mitte des Landes fielen diese dann kräftig aus. Die Schneefallgrenze würde rasch bis in tiefe Lagen absinken, sodass gebietsweise mit einem erheblichen Neuschneezuwachs zu rechnen wäre. Auch einzelne kurze Wintergewitter wären möglich. Zudem würde der Wind in der Südhälfte kräftig zulegen. Es müsste mit Sturmböen, teils auch schweren Sturmböen gerechnet werden, auf den Bergen gäbe es dann vollen Orkan. Damit würden auch starke Schneeverwehungen eine Rolle spielen. Im Norden würde hingegen quasi "nichts" passieren.

Das ist wie angesprochen die Variante des deutschen Modells. Die Amerikaner sehen eine ähnlich heftige Entwicklung, aber nach Norden verschoben. Die Europäer sehen die Lage insgesamt etwas entspannter. Wie es tatsächlich kommt, muss noch abgewartet werden. Die nächsten Modellläufe werden sicher mehr Klarheit bringen. In jedem Fall deutet sich eine hochbrisante und unwetterträchtige Lage für den Donnerstag und vor allem für die Nacht auf Freitag an. Daher sollte die Warnlageentwicklung aufmerksam unter http://www.dwd.de verfolgt werden.



© Deutscher Wetterdienst