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08. Oktober 2016 | Dipl.-Met. Christoph Hartmann

Eine Woche Ostseesturm, fast eine Nachlese

Eine Woche Ostseesturm, fast eine Nachlese

Datum 08.10.2016

Wind gibt es nicht nur auf dem Atlantik, sondern auch in unseren Breiten. Eine ganze Woche Sturm auf der Ostsee ist auch nicht so ganz alltäglich.

Schon vorletzten Freitag wurden die Ostseeurlauber darauf hingewiesen unbedingt warme Kleidung mitzunehmen, da ihnen ab Montagmittag tüchtig Wind um die Nase wehen würde. Durch den Abkühlungseffekt des Windes (Verdunstungskälte auf der Haut) empfindet man Temperaturen deutlich kühler als bei windstillem Wetter. Bei ungeschützter Haut fühlt sich die Luft bei kräftigem Mittelwind schnell 5-10 Grad kühler an.



Was war die Ursache dieses Sturms? Nicht, wie so oft irgendein Sturmtief über dem Atlantik, bei dem das Barometer auf "stürmisch" steht, sondern das kräftige Hoch "Peter", welches mit Druckwerten von 1023 bis 1040hPa an der deutschen Ostsee die Barometer zu einer Anzeige von schön bzw. trocken zwang. Ganz allein schafft "Peter" das natürlich nicht. Um einen engen, den Wind erzeugenden Abstand der Isobaren zu erhalten, braucht es auch einen Gegenspieler, in diesem Fall eine Gegenspielerin, nämlich "Zofia". Sie war an der Luftmassengrenze von "Walpurga" entstanden, die vor etwa zwei Wochen unser Wetter beeinflusste. Bei einem Abstand von ca. 1200 km lag "Zofias" Kerndruck zeitweise unter eher unspektakulären 1010hPa. "Peter" dagegen erreichte gleichzeitig einen Kerndruck von über 1050 hPa. Ein so hoher Wert, der manches Barometer an die Messgrenze gebracht hätte.

Wie gestaltete sich der Ablauf? Die ersten stürmischen Böen (Bft8) wurden Montagmittag gemeldet, als sich "Peter" noch entwickelte. Dienstag erschienen die ersten Sturm- und schweren Sturmböen auf der Wetterkarte. Bis Donnerstagmittag traten diese Windstärken besonders an der polnischen Ostseeküste auf. Sogar stundenlanger Mittelwind der Stärke 9 (ca. 75 km/h) wehte an der besonders windanfälligen Station in Stolpmünde (Ustka). Im Gegensatz zu Deutschland erreichten die Böen dort auch im Binnenland wiederholt Stärke 8, bei der die Versicherte die Schäden beglichen bekommen. Auf den der Ostsee zugewandten Bergen(Riesengebirge, hohe Tatra) wurden wiederholt Windstärke 12 gemessen. Ob aber die u.a. gemeldeten 266 km/h von der in Tschechien an der Grenze zu Polen liegenden Schneekoppe (1604mNN) im Riesengebirge wirklich erreicht wurden, das müssen unsere Kollegen verifizieren.

Während in Polen schon seit gestern kaum noch kräftige Böen registriert wurden, gibt es an der deutschen Ostseeküste noch immer stürmische Böen. Abflauen wird der Wind erst morgen früh, wenn Tief "Zofia" nach Bornholm zieht und mit einem Kerndruck von fast 1020(!) hPa die Wind auslösende Isobarendrängung nach Südskandinavien "schiebt".



Auch wenn der logischerweise namenlose Ostseesturm im Vergleich zu Hurrikan "Matthew" ein "laues Lüftchen war", so hat er zumindest für einige regionale Schlagzeilen gesorgt. Gut einen Meter höhere Wasserstände mit überspülten Stränden, auf denen wetterberichtsungläubige Strandkorbbesitzer ihrem Eigentum auf See zuwinken konnten, waren die Konsequenzen in Deutschland.

In Polen war schon etwas mehr los. Abgesehen von den üblichen Windschäden machte dort am Dienstag die teilweise Zerstörung der populärsten polnischen Erholungs- und Veranstaltungslage in Zoppot (Sopot), nördlich von Danzig (Gdansk), Schlagzeilen. Selbst die vorgelagerte Halbinsel Hel(Hela) war bei diesem Sturm nicht in der Lage, Pier und Mole vor dem Wellenschlag zu schützen.



© Deutscher Wetterdienst