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27. Juli 2016 | Dipl.-Met. Robert Hausen

Ein Hoch auf die Azoren

Ein Hoch auf die Azoren

Datum 27.07.2016

Aktuell erscheint es auf den Wetterkarten sämtlicher digitaler und Printmedien wieder in voller Pracht - ein kräftiges Hochdruckgebiet im Bereich der Azoren, kurz: das Azorenhoch. Doch wie entsteht es überhaupt und warum gerade dort?

Der Begriff "Azorenhoch" ist inzwischen in der Allgemeinheit fast schon zu einem geflügelten Wort geworden. Egal ob beim Radiowetterbericht, in Fernsehsendungen oder den sozialen Netzwerken, der Name des berühmten Hochs macht häufig die Runde und jeder halbwegs Wetterinteressierte weiß damit etwas anzufangen.

Entstanden ist der Begriff aufgrund eines im klimatologischen Mittel stark ausgeprägten Luftdruckmaximums im Bereich der Inselgruppe der Azoren über dem Nordatlantik. Der Kerndruck variiert dabei in der Regel zwischen 1015 und 1035 Hektopascal.



Doch wodurch genau wird dieses Druckmaximum erzeugt? Und warum gerade dort? Um diese Fragen zu klären, müssen wir uns die großräumige Luftzirkulation in Äquatornähe anschauen. Dort, im Bereich der stärksten Sonneneinstrahlung (Sonnenstand zum meteorologischen Frühlings- und Herbstbeginn im Zenit - also senkrecht zur Erdoberfläche), erwärmen sich die Luftmassen sehr stark und werden so zum Aufstieg gezwungen, da warme Luft eine geringere Dichte als kalte Luft besitzt und damit leichter ist. Diesen Bereich bezeichnet man als "Innertropische Konvergenzzone" (ITCZ). Der Aufstieg endet häufig unter stetiger Temperaturabnahme erst an der Grenze von der Troposphäre zur Stratosphäre (Tropopause) in 15 bis 18 Kilometern Höhe, wo die Temperatur der Umgebungsluft wieder ansteigt und somit die Schichtung stabilisiert. Die Luft strömt nun an dieser Sperrschicht in der Höhe auseinander und sinkt in den Subtropen wieder ab. Der resultierende Massenzufluss bewirkt einen Druckanstieg am Boden und es entsteht der "Subtropische Hochdruckgürtel".

Bedingt durch die Verschiebung des Sonnenhöchststandes zwischen den beiden Wendekreisen variiert auch die Lage des Azorenhochs zwischen 33 Grad Nord in den Wintermonaten (Sonne am südlichen Wendekreis) und 34,5 Grad Nord in den Sommermonaten (Sonne am nördlichen Wendekreis). Nun liegt die Inselgruppe der Azoren bei rund 38 Grad Nord und damit noch etwas nördlicher, durch die häufig jedoch großräumige horizontale Ausdehnung des Hochs von mehr als 1000 Kilometern ist die unmittelbare Nähe zum Zentrum und damit die Namensgebung trotzdem mehr als gerechtfertigt.


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Wenn es sich aber um einen Gürtel handelt, der an eine geographische Breite gekoppelt ist, wieso setzt sich die Hochdruckzone aktuell zum Beispiel nicht über dem Mittelmeerraum fort (siehe Bodendruckanalyse von heute 0 UTC im Anhang)? Das liegt an der Verteilung von Landmassen und Seegebieten im stark gegliederten Mittelmeerraum. Dabei spielt erneut die starke Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten eine Rolle, bei der sich die Land- stärker als die Wasseroberflächen erwärmen. Hierdurch steigen wiederum die Luftmassen über dem Festland auf, der Druck am Boden fällt und es bilden sich sogenannte "Hitzetiefs", klassischerweise über dem spanischen Hochland oder auch über Anatolien, wodurch die Hochdruckbrücke zum Azorenhoch unterbrochen wird. In den Wintermonaten schließt sie sich bei abnehmender Einstrahlung aber häufig wieder, da der Temperaturkontrast zwischen Land und See in mediterranen Regionen deutlich abnimmt. Dann sind Druckmaxima auch häufig über dem Mittelmeerraum zu finden. Die Stärke dieser thermisch induzierten Hochdruckgebiete wie zum Beispiel das winterliche "Sibirienhoch" mit einem Rekordwert von 1083,8 hPa (für Stationen unter 750 Metern gemessen am 31.12.1968 in Agata, Russische Föderation) werden im subtropischen Hochdruckgürtel allerdings bei weitem nicht erreicht.

Bleibt abschließend noch zu hoffen, dass wir in der nächsten Zeit das Azorenhoch nicht nur aus der Ferne betrachten müssen, sondern dass ein Ableger (Hochkeil) auch Mitteleuropa bald mal wieder beehrt. Über zarte Vorstöße nach Süddeutschland kommt es zumindest in naher Zukunft nicht hinaus.



© Deutscher Wetterdienst