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28. Januar 2016 | Dipl.-Met. Johanna Anger

Ein Tief mit zwei Seiten

Ein Tief mit zwei Seiten

Datum 28.01.2016

Das Tief, das der US-Ostküste immense Schneefälle brachte, beeinflusste das Wetter am gestrigen Mittwoch auch in Deutschland. Doch statt Schnee und Kälte brachte es hierzulande Regen und teils frühlingshafte Temperaturen.



Am vergangenen Wochenende zog ein Schneesturm über die östlichen Bundesstaaten und die Ostküste der USA hinweg. Der in Nordamerika auch als Blizzard (siehe DWD-Lexikon) bezeichnete Wintersturm brachte neben Sturm gebietsweise mehr als 70 cm Neuschnee und legte somit das öffentliche Leben in weiten Teilen der betroffenen Regionen vorübergehend lahm. Das gleiche Tief erreichte schließlich am vergangenen Dienstag den europäischen Kontinent. Doch statt Schnee und Kälte brachte es hierzulande Regen und teils frühlingshafte Temperaturen. Doch wie kann ein und dasselbe Tief zwei unterschiedliche Wettercharaktere hervorrufen? Ganz entscheidend sind dabei die beteiligten Luftmassen!

Entwickelt hatte sich das Schneetief, das in den USA unter dem Namen Jonas geführt wurde, am vergangenen Freitag etwa im Bereich des Mississippi-Deltas und zog am Samstag an der Ostküste der USA entlang nordwärts. Da ein Tiefdruckgebiet auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn umströmt wird, gelangte auf der Westflanke des Tiefs mit einer nördlichen Strömung Kaltluft aus den polaren Breiten Kanadas auf direktem Wege weit nach Süden, während auf der Ostflanke des Tiefs warme Meeresluft aus den südlicheren Breiten angesaugt wurde. Beim Aufeinandertreffen dieser beiden Luftmassen über dem Osten der USA kam es zu den teils intensiven Schneefällen. Am Sonntag setzte das Tief seinen Kurs Richtung Nordosten fort und zog schließlich unter leichter Abschwächung südlich an Neufundland vorbei hinaus auf den Nordatlantik.

Doch damit war der Lebenszyklus von Tief Jonas noch nicht vorbei. Im Gegenteil, das Tief überquerte den Nordatlantik in Richtung Europa. Es konnte sich dabei nochmals kräftigen und erneut zu einem Sturmtief entwickeln. Als solches zog es am vergangenen Dienstag über Irland, Großbritannien und die nördliche Nordsee hinweg und erreichte am gestrigen Mittwoch schließlich Skandinavien. Da alle Hoch- und Tiefdruckgebiete über Europa und dem Nordatlantik vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin benannt werden und Tiefdruckgebiete in den geraden Jahren immer weibliche Namen erhalten, wurde es in Karin umbenannt.

Zwar waren die Auswirkungen von Sturmtief Karin mit teils stürmischen Winden auch im Norden Deutschlands zu spüren. Doch anstatt einem Temperatursturz und Schneefällen, brachte es hierzulande Regen und teils frühlingshaft milde Temperaturen. Grund dafür war die relativ nördliche Zugbahn des Tiefs. Somit hatten die Luftmassen, die um das Tief herum nach Süden und dann mit einer westlichen Strömung zu uns geführt wurden bereits einen langen Weg über den Ozean hinter sich und dieser sorgt auch um diese Jahreszeit aufgrund des relativ warmen Wassers für eine deutliche Erwärmung der Luftmassen polaren Ursprungs.

Am heutigen Donnerstag wird sich Tief Karin über dem Nordmeer auflösen. Dies zeigt, dass die Lebensdauer eines Tiefs von der Entstehung bis zur Auflösung oft mehrere Tage dauert. Die Auswirkungen auf die Wetterentwicklung während dieses Lebenszyklus können dabei ganz unterschiedlich sein.

Auch wenn Tief Karin keinen Einfluss mehr auf unser Wetter hat, sorgen weitere atlantische Tiefdruckgebiete für eine Fortdauer des wechselhaften und teils stürmischen Witterungsabschnitts, wodurch weiterhin relativ milde Meeresluft zu uns gelangt.



© Deutscher Wetterdienst