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09. Januar 2016 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Laues Lüftchen oder Sturm am Montag?

Laues Lüftchen oder Sturm am Montag?

Datum 09.01.2016

Seit Tagen deuten einzelne Wettermodelle für den kommenden Montag eine stärkere Tiefdruckentwicklung über Deutschland an, die mit viel Wind und Regen einhergehen könnte. Doch wieso bestehen so große Unsicherheiten und wie sieht der letzte Trend aus?

Wie bereits schon in den vergangenen Tagen in den Medien zu lesen war, könnte am kommenden Montag, den 11.01.2016, für Teile Deutschlands ein stürmischer Wochenbeginn bevorstehen. Doch gleichzeitig wurde wiederholt auf die weiterhin vorherrschenden Unsicherheiten bezüglich der Vorhersage dieses möglichen Sturmtiefs hingewiesen. Doch woher kommen diese Unsicherheiten und wo ist denn überhaupt die Geburtsstätte dieses Tiefdruckgebietes zu finden?


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Hierzu wurde eine Grafik angefertigt, die die Ausgangslage am gestrigen Freitag, den 08.01.2016 über dem Nordatlantik zeigen soll. Betrachtet man erst mal nur das Satellitenbild, so erkennt man gleich zwei großräumige Tiefdruckgebiete über dem Nordatlantik. Tief 2 mit dem Namen BRITTA hat sich westlich vor Irland eingenistet und lenkt auf breiter Bahn kalte Polarluft nach Südosten, hervorgehoben durch einen blauen Pfeil. Man erkennt die Kaltluft auch an den wabenförmigen Wolkenstrukturen, die auf kräftige Schauer, vielleicht auch vereinzelt auf ein Gewitter hindeuten. Wenn man nun nach Südwesten blickt, fällt einem ein weiteres Tiefdruckgebiet auf (Tief 1). Dieses liegt vor der Ostküste der USA und lenkt vorderseitig sehr warme und feuchte Luftmassen nach Norden. Doch wie feucht ist diese Luftmasse nun wirklich? Zur Beantwortung wurde rechts unten ein weiteres Bild eingefügt, welches von einem polumlaufenden Satelliten mit Hilfe von Messungen im Mikrowellenbereich aufgenommen wurde. Je gelber und roter die Farbe, desto feuchter die Luftmasse. Man erkennt, dass Tief 1 die sehr feuchte Luft direkt aus der Karibik anzapft. Feuchte und warme Luftmassen, die auf kalte Luftmassen treffen, können neben weiteren meteorologischen Zutaten den Nährboden für kräftige Tiefdruckentwicklungen darstellen.

Beide sehr gegensätzlich temperierten Luftmassen strömen im Moment über dem Nordatlantik zusammen. Der Bereich des Aufeinandertreffens bildet die aktuelle Lage der planetarischen Frontalzone. Diese wurde im Bild durch gelbe Pfeile gekennzeichnet und markiert eine Region mit sehr starken Höhenwinden (den Jetstream). In einer Höhe von 8-9 km weht der Wind mit über 300 km/h von West nach Ost in Richtung Europa. Unser Tief für Montag wird sich nun am heutigen Samstag im grün hervorgehobenen Bereich entwickeln und dann dank dieser starken Höhenwinde rasch nach Osten getrieben. Doch wenn dieser Entstehungsprozess verstanden und sogar schon beobachtet wird, wieso dann weiterhin die Unsicherheiten?

Für die Vorhersage werden unterschiedliche Wettermodelle verwendet, die nicht selten die jeweilige Ausgangslage der Hochs und Tiefs geringfügig anders bewerten. Auch unterschiedliche Eigenschaften der Modelle, wie deren Auflösung, fallen hierbei ins Gewicht. Somit entstehen unterschiedliche Berechnungen, die besonders bei dynamischen Wetterlagen wie dieser bereits in der nahen Zukunft große Unterschiede aufweisen können - hinsichtlich der Stärke, der Zugbahn und der zeitlichen Verlagerung eines Tiefdruckgebietes. All das sorgt dafür, dass sich die Wettermodelle mit der Vorhersage manchmal sehr schwer tun. Hinzu kommt auch noch die Möglichkeit, dass sich im Verlauf des Montags über Norditalien ein zweites Tiefdruckgebiet bilden könnte, was stark vereinfacht gesagt dem Tiefdruckgebiet über Deutschland regelrecht die "Luft rausnehmen" würde. Wieso wäre das der Fall? Die Stärke des Windes hängt vom Gradienten des Luftdrucks ab. Je stärker der Gradient, desto stärker der Wind. Mit hohem Luftdruck über dem zentralen Mittelmeer und einem kräftigen Tiefdruckgebiet über Deutschland hätten wir einen hohen Gradienten mit Sturmpotential, bei tiefem Druck über Norditalien schwächt sich dieser Gradient automatisch ab. Zuletzt muss noch bedacht werden, dass sich das stärkste Windfeld im sogenannten Warmsektor befindet. Dies ist der Bereich eines Tiefdruckgebietes, wo es die Windböen (dank einer stabil geschichteten Troposphäre) am schwersten haben, bis zum Boden durchzugreifen. Dies beschränkt nicht selten die stärksten Böen auf exponierte Lagen wie die Berge.

Und wie sehen die letzten Vorhersagen aus? Zwar sind auch weiterhin Modellunterschiede gegeben, doch mittlerweile sehen die meisten eine gemäßigte Variante (u.a. auch dank des Druckfalls südlich der Alpen). Dies hätte Sturmböen im Bergland, in exponierten Lagen auch schwere Sturmböen, und im Tiefland Wind-, teils auch stürmische Böen zur Folge. Norddeutschland, direkt unter dem Tiefkern gelegen, würde vom Wind gar nicht viel spüren. Regen sowie im oberen Bergland und vielleicht in der Nacht zum Dienstag im äußersten Nordosten auch Schnee könnten da schon eher ein Thema werden, worauf jedoch in diesem Bericht nicht weiter eingegangen werden soll. Egal, wie sicher diese Entwicklung nun scheint, auf jeden Fall lohnt es sich die Wettervorhersage hinsichtlich neuer Erkenntnisse das Wochenende über weiterhin sehr genau zu verfolgen!



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD