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17. September 2015 | Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Von Schmetterlingen, Tornados und Oktoberfest: Die Ensemblevorhersage

Von Schmetterlingen, Tornados und Oktoberfest: Die Ensemblevorhersage

Datum 17.09.2015

Genaue Wettervorhersagen sind meist nur für drei bis vier Tage möglich. Um auch danach zumindest grobe Aussagen über das Wettergeschehen machen zu können, kommt die sogenannte "Ensemblevorhersage" zum Einsatz.

Wie bereits am vergangenen Dienstag an dieser Stelle beschrieben wurde, leidet die Wettervorhersage unter anderem darunter, dass die Daten, die in ein computergestütztes Wettermodell einfließen, nicht hundertprozentig genau sind. Um aber auch längerfristige Aussagen über das zumindest grobe Wettergeschehen machen zu können (beim DWD bis zu zehn Tage im Voraus), bedienen sich die Meteorologen der sogenannten "Ensemblevorhersage".


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Dabei werden die Eingangsdaten minimal verändert, bevor das Modell mit seinen Berechnungen anfängt. Danach werden die Eingangsdaten wieder minimal variiert und eine weitere Vorhersage erstellt. Dieser Vorgang wird nun noch einige Male wiederholt (bis zu 50 Mal), sodass man am Ende nicht nur eine, sondern mehrere, sprich ein ganzes Ensemble an Vorhersagen vor sich hat. Jede dieser einzelnen Vorhersagen stellt also ein Mitglied dieses Ensembles dar. Da die Ausgangsdaten immer nur minimalst verändert werden, zeigen die Ensemblemitglieder in den ersten Vorhersagetagen häufig noch eine recht ähnliche Wetterentwicklung, bevor sie immer mehr voneinander abweichen. Man spricht hierbei auch vom sogenannten "Schmetterlingseffekt". Dieser Begriff geht auf den US-amerikanischen Meteorologen Edward N. Lorenz zurück und bedeutet, dass aufgrund der chaotischen Natur der Atmosphäre bereits kleine Veränderungen in den Anfangsbedingungen im Laufe der Zeit große und unvorhersehbare Folgen haben können. Lorenz veranschaulichte dieses Phänomen recht plakativ, indem er die Möglichkeit einräumte, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen könnte. Aufgrund dieser Chaostheorie geht der russische Mathematiker Wladimir Igorewitsch Arnold davon aus, dass selbst bei größtmöglicher Messstationsdichte, exakten Daten und unbegrenzt leistungsfähiger Computer das Wetter maximal bis zu zwei Wochen im Voraus vorhersagbar ist.

Weiter oben sehen Sie ein aktuelles Beispiel einer Ensemblevorhersage (auch zu finden unter http://www.wetterzentrale.de). Hierbei handelt es sich um die Vorhersagen des amerikanischen Globalmodells GFS für den Südosten Bayerns vom heutigen Donnerstag bis zum 02.10.2015, was vor allem für die Freunde des Münchner Oktoberfests von Interesse sein dürfte. Vorhergesagt werden in diesem Fall die Temperatur im Druckniveau 850 hPa, das sich in etwa 1500 m Höhe über Meeresniveau befindet, in der Mitte der Grafik (Skala links in Grad Celsius) und der innerhalb von sechs Stunden fallende Niederschlag am unteren Rand der Darstellung (Skala rechts in mm). Jede Linie gehört zu einem der 21 Mitglieder in diesem Ensemble, die auf der linken Seite der Grafik aufgelistet sind (Mitglied 0 bis Mitglied 20). Man sieht, dass die Linien zunächst ziemlich eng aneinander liegen. Das bedeutet, dass sich die Vorhersagen recht einig sind, wie sich Temperatur und Niederschlag entwickeln werden: Es steht in diesem Fall also eine abrupte Abkühlung ins Haus, die voraussichtlich mit einem zunehmend regnerischen Witterungscharakter einhergehen und auch noch bis in die kommende Woche hinein andauern wird.

Danach gehen die Linien der Ensemblemitglieder deutlich auseinander, was bedeutet, dass der Wetterablauf dann noch sehr unsicher ist. Tendenziell ist aber im Laufe der nächsten Woche wieder ein leichter Temperaturanstieg zu erkennen, zumindest in etwa 1500 m Höhe. Ob sich diese Erwärmung auch bis in die untersten Luftschichten durchsetzen kann, muss abgewartet werden. Die "Wiesn-Gänger" sollten aber wohl auf jeden Fall den Regenschirm griffbereit halten. Mal sehen, ob die Ensemblevorhersage mit diesem Trend richtig liegt.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD