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16. September 2015 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

Herbstzeit ist Sturmzeit

Herbstzeit ist Sturmzeit

Datum 16.09.2015

Wenn die Tage kürzer werden und der Herbst sich langsam ins Land einschleicht, stehen häufig auch die ersten kräftigen Stürme ins Haus. Doch warum stürmt es gerade im Herbst besonders gerne?

Wenn wir an Herbst denken, kommen uns zwangsläufig auch wechselhafte, immer kühler werdende und teils auch windige bis stürmische Tage in den Sinn. Klar, der Herbst kann sich auch von seiner schönen Seite zeigen. Wer empfand trotz kühler Temperaturen nicht schon mal ein Gefühl der Behaglichkeit, wenn das herbstliche Sonnenlicht das goldgelbe Blätterwerk der Wälder in eine warme Atmosphäre taucht? Doch Fakt ist, die Herbstzeit ist auch Sturmzeit. Doch warum ist das so?



Die meisten Tiefdruckgebiete der mittleren Breiten entwickeln sich an der sogenannten Polarfront. Sie markiert den Übergangsbereich zwischen polarer Kaltluft und subtropischer Warmluft und damit ein Bereich besonders großer Temperaturkontraste. Die Polarfront "schlängelt" sich mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt einmal um die komplette Nordhalbkugel (und auch Südhalbkugel). Sie reicht meist vom Boden bis zur Tropopause, die sich bei uns im Mittel in ca. 11 km Höhe befindet. Die Polarfront mit ihren großen Temperaturkontrasten stellt einen entscheidenden "Energielieferanten" für die Tiefdruckentwicklung dar. Dabei gilt, je größer die Temperaturgegensätze, desto mehr Energie steht zur Verfügung und desto stärker können auch die Tiefdruckentwicklungen ausfallen.

Nun hält sich die Polarfront über der Nordhalbkugel im Sommer meist relativ weit im Norden auf und auch die Temperaturkontraste an ihr sind recht gering ausgeprägt. Die Entwicklung sehr kräftiger Tiefdruckgebiete ist eher unwahrscheinlich, vor allem über dem mittleren und südlichen Europa. Im Herbst "steht" die Sonne auf der Nordhalbkugel immer niedriger über dem Horizont, es trifft immer weniger Energie in Form von Sonnenlicht auf die Erde. Die Atmosphäre beginnt sich dadurch abzukühlen. Die Abkühlung setzt in den hohen Breiten als Erstes ein und währt dort auch am längsten. Daher verschärfen sich die Temperaturgegensätze zwischen Norden und Süden an der Polarfront, die darüber hinaus im Verlaufe des Herbstes tendenziell auch immer weiter Richtung Süden "wandert".

Die Folge ist, dass im Herbst und Winter auch die mittleren und südlichen Teile Europas von einer dann meist sehr gut ausgeprägten Polarfront erfasst werden und somit verstärkt ins Fadenkreuz möglicher Sturm- und Orkantiefs gerät.

Da das Wettergeschehen stets sehr variabel ist und sich damit meistens nicht an statistische "Mittelwerte" hält, wechseln sich Jahre mit sehr vielen Herbst- und Winterstürmen mit eher ruhigen Jahren ab. Die Frage, ob man sich nun in diesem Jahr auf einen goldenen Herbst freuen darf oder doch die wind- und regenfeste Kleidung öfter zum Einsatz kommt als die Sonnenbrille, liegt noch fernab des seriösen Vorhersagehorizonts.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD