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04. September 2015 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Farbenfrohe Geometrie am Himmel

Wer kennt sie nicht, die farbenprächtige Leuchterscheinung, wenn sich nach einem Regenschauer die abendlich tief stehende Sonne in den Regentropfen spiegelt und ein wunderschöner Regenbogen den Abendhimmel verziert?

Solch eine Erscheinung zählt mit zu den schönsten farblichen Ereignissen am Himmel. Wer sich jedoch an manchen Tagen etwas mehr Zeit nimmt und den Himmel genauer betrachtet, dem könnte hin und wieder auffallen, dass es noch viel mehr solch beeindruckender Leuchterscheinungen gibt, die teils ebenso farbenprächtig anzusehen sind wie Regenbögen und zudem auch noch häufiger auftreten. Die Rede ist von einem "Halo", wobei dieses Wort aus dem Griechischen kommt und so viel bedeutet wie "Lichthof oder Lichtring um Sonne oder Mond".

Keine Frage, es ist sicherlich angenehmer mit der Sonne im Rücken
einen hellen und farbigen Regenbogen zu betrachten, als in Richtung
der grellen Sonne zu schauen, um die meist lichtschwachen
Leuchterscheinungen zu entdecken. Dies ist sicherlich auch ein Grund,
wieso sie nicht so oft von der Bevölkerung wahrgenommen wird. Dennoch
erreichen uns Meteorologen immer wieder Anfragen interessierter
Bürgerinnen und Bürger, die mal Lichtkreise, -flecken, oder -bögen am
Himmel gesehen haben. Doch wie kommt es zu so vielfältigen
Leuchterscheinungen?

Beobachtungen eines Halos sind nicht nur auf den Himmel beschränkt.
Vielleicht ist Ihnen ein Halo bei Ihrem letzten Winterurlaub
aufgefallen. Denn nicht selten sieht man sie in Verbindung mit den
von Schneekanonen erzeugten feinen Kristallen oder bei fallendem
Polarschnee (Resublimation von Wasserdampf in Eisnadeln bei sehr
kalter Luft). Weitere Informationen zu "Sublimation" finden Sie
unter http://www.dwd.de/lexikon. Alle Prozesse finden in Verbindung mit
Eiskristallen statt und diese gibt es in der Atmosphäre zu Genüge. In
der Troposphäre sind Halos in Verbindung mit Cirruswolken (Eiswolken,
die in 8 bis 12 km Höhe auftreten) zu finden. Diese Wolken entstehen
unter anderem durch stetige Hebung zum Beispiel entlang einer
Warmfront, wobei zahlreiche Schnee- und Eiskristalle gebildet werden.
Das dabei entstehende Kristallspektrum reicht von Säulenkristallen
bis hin zu Plättchenkristallen mit unterschiedlichen Ausrichtungen.
Einfallendes Sonnenlicht wird nun beim Eindringen in diese hexagonal
geformten Kristalle gebrochen und reflektiert, wobei das Licht je
nach Ausrichtung des Kristalls und Einfallswinkel des Lichts nach
teils mehrfacher Reflexion wieder austritt. Dank dieser Prozesse
entstehen die unterschiedlichen Farben und Formen eines Halos.

Das Faszinierende ist, dass sowohl die Ausrichtung der Kristalle,
deren Größe und auch Form für die unterschiedlichsten Haloformen
verantwortlich sind. Ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt der
Sonnenstand, was entsprechend auch den Einfallswinkel in die
Kristalle verändert. Die Ausarbeitung der Entstehung der über 50
bekannten Haloarten würde den Rahmen des Beitrags sprengen. Daher
soll in diesem Thema des Tages kurz auf die wunderschönen
Beobachtungen meiner Arbeitskollegin Julia Fruntke eingegangen
werden, welche zu einem Panoramabild zusammengefügt wurden und nachfolgend zu finden sind. Die Aufnahmen wurden am 2.
August 2015 in der Arktis auf hoher See westlich von
Spitzbergen/Svalbard gemacht:

Zum Vergrößern bitte klicken
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Am Vormittag gegen 10 Uhr konnte ein sogenannter "Unterer
Berührungsbogen" fotografiert werden (von links nach rechts gesehen
Bild 1 und 2, wobei Bild 2 einen Zoom aus Bild 1 darstellt). Das
einfallende Sonnenlicht wird in einem horizontal ausgerichteten
Säulenkristall an 2 Seitenflächen gebrochen, bevor der Lichtstrahl
den Kristall wieder verlässt. Dabei weist dieser eine zur Sonne hin
rötliche Färbung auf. Es sollte noch erwähnt werden, dass der "Untere
Berührungsbogen" eine nicht so häufig vorkommende Leuchterscheinung
ist, da die Sonne 22° über dem Horizont stehen muss (hier lag der
Sonnenstand bei ungefähr 26°).
Gegen 16 Uhr hat die Kollegin zwei "Nebensonnen" entdeckt, die links
und rechts der Sonne zu finden waren (Bild 3). Dabei wird das Licht
gleich an zwei Seitenflächen eines horizontal ausgerichteten
Plättchenkristalls gebrochen. Die der Sonne zugewandte Seite
erscheint erneut in einer rötlichen Farbe.
Gegen 17 Uhr konnte dann noch ein "Zirkumzenitalbogen" fotografiert
werden (Bild 4). Dieser entsteht, wenn das Sonnenlicht durch
horizontal ausgerichtete Eiskristalle fällt und an einer Basisfläche
und einer Seitenfläche gebrochen wird. Diese Leuchterscheinung ist im
Zenit (senkrecht) zur Sonne zu finden. "Nebensonne" und
"Zirkumzenitalbogen" entstehen häufig zeitnah zusammen, da sich die
Eiskristalle hinsichtlich ihrer Form sehr ähneln. Ist das nicht eine
berauschende Farbenpracht?

Man erkennt an diesen Bildern, wie vielfältig die Leuchterscheinungen
sein können, je nachdem wie ausgeprägt die Cirrusbewölkung ist und
wie die Sonne relativ zum Beobachter steht. Sollten Sie in den
kommenden Wochen und Monaten einen milchig-weißen Himmel erblicken,
durch den die Sonne mal mehr mal weniger gut durchscheint, dann
nehmen Sie sich doch mal die Zeit und suchen den Himmel nach einem
Halo ab. Sie werden überrascht sein, wie viele Sie im Lauf der Zeit
finden werden und wie farbenprächtig diese sein können. Für
weiterführende Informationen kann Ihnen die folgende Internetseite
ans Herz gelegt werden: http://www.meteoros.de/themen/halos/. Ich
wünsche Ihnen viel Spaß beim Stöbern, Schauen und Staunen!



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