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18. Juli 2015 | M.Sc. Met. Stefan Bach

Von Urlaub, Sonne und Mee(h)r

In neun Bundesländern haben die Sommerferien (faktisch) schon begonnen, in den nächsten zwei Wochen ziehen die übrigen Bundesländer nach.


Viele Urlauber zieht es zu dieser Zeit an die Nord- und Ostsee oder auch an ein anderes Meer. Wenn man nachmittags am Strand liegt, kann man mitunter einen kühlen, vom Wasser her wehenden Wind verspüren. Doch wie kommt das?

Das Stichwort zur Erklärung dieses Phänomens lautet Seewind. Vom
Seewind spricht man, wenn der Wind vom Meer zum Land weht. Während
der warmen Jahreszeit wird damit kühlere Seeluft herangeführt.

Für die Entstehung von Seewind gibt es unterschiedliche Ursachen:

Einerseits kommt es aufgrund der großräumigen Druckverteilung zu
Winden aus entsprechenden Richtungen. Wenn wir an der Ostflanke eines
Hochs mit Schwerpunkt über den Britischen Inseln liegen, so weht der
Wind eher aus einer nördlichen bis nordwestlichen Richtung und daher
von der See her kommend an unsere Strände.
Die Wassertemperaturen ändern sich im Vergleich zu den Temperaturen
an Land bedeutend langsamer. So betragen die Wassertemperaturen von
Nord- und Ostsee derzeit "nur" 17 bis 20 °C. Diese Gewässer haben im
Sommer tagsüber einen kühlenden Effekt auf ihre nähere Umgebung.
Nachts lässt sich der umgekehrte Effekt beobachten: Dann ist das
Wasser in Relation zum Land wärmer und kann die Auskühlung in
gewässernahen Gebieten deutlich dämpfen.

Andererseits kann sich bei einer windschwachen Hochdruckwetterlage
ein lokales kleinräumiges Windsystem ausprägen. Das ist die
sogenannte Land-Seewind-Zirkulation, bei der sich Land- und Seewind
in Abhängigkeit von der Tageszeit abwechseln.

Die Land-Seewind-Zirkulation hat rein thermische Ursachen. Sie wird
nur durch die unterschiedliche Erwärmung bzw. Abkühlung von Land und
Wasser hervorgerufen und kann an den Meeresküsten und an den Ufern
großer Seen, wie beispielsweise dem Bodensee, entstehen. Die
Landfläche wird durch die Sonneneinstrahlung sehr viel stärker
erhitzt als die Wasseroberfläche.
Das liegt in der geringeren Wärmekapazität der typischerweise an Land
vorkommenden Materialien begründet. So beträgt die Wärmekapazität für
Beton 0,88 kJ/(kg·K), für Asphalt 0,92 kJ/(kg·K), für Erdboden 0,8
kJ/(kg·K) und für Sand 0,84 kJ/(kg·K), für Wasser hingegen liegt der
Wert bei 4,18 kJ/(kg·K). Das heißt, um ein Kilogramm Wasser um ein
Kelvin (sprich 1 °C) zu erwärmen, ist zirka fünfmal so viel Energie
nötig wie für ein Kilogramm Sand.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Im Folgenden bietet sich ein Blick auf die Grafik an, die Sie nebenstehend finden. Wird die Landfläche erwärmt, erwärmt
sich auch die darüber befindliche Luft. Diese dehnt sich aus und
steigt wegen ihrer geringeren Dichte auf. Durch das Aufsteigen
entsteht am Boden ein lokales Tiefdruckgebiet. Dieser Mangel an
Luftmolekülen wird durch eine Luftströmung vom Wasser zum Land, dem
See- oder auflandigen Wind, ausgeglichen. Die über dem Wasser
wegtransportierten Luftmassen werden aus höheren Schichten ersetzt,
sodass unmittelbar über der Wasseroberfläche ein lokales
Hochdruckgebiet entsteht. In der Höhe sind die Druckgebilde genau
entgegengesetzt angeordnet. Es kommt daher zu einer Ausgleichströmung
vom Land zum Wasser, wodurch der Kreislauf geschlossen ist. Diese
Zirkulation setzt je nach Intensität der Sonneneinstrahlung etwa um
die Mittagszeit ein.

Am Abend und in der Nacht kehren sich die Verhältnisse um. Wegen der
niedrigeren Wärmekapazität kühlt sich das Land schneller ab als das
Wasser. Es weht Wind vom Land zum Wasser, der sogenannte Land- oder
ablandige Wind, der in der Regel weit schwächer ausgeprägt ist als
der Seewind.

Vorsicht ist bei auflandigem Wind geboten, wenn die Sonne vom Himmel
brennt. Dann fühlt es sich zunächst beim Sonnenbad aufgrund des
kühlenden Windes nicht besonders heiß an. Den Sonnenbrand merkt man
abends, aber dann ist es schon zu spät. Also, die Sonnencreme nicht
vergessen!



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD