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24. Juni 2015 | Dipl.-Met. Jens Hoffmann

Kühler und nasser Sommerstart - wat nu Petrus?

Zwar ist der kalendarische Sommer 2015 gerade erst drei Tage alt, trotzdem ist er bereits in aller Munde. "Kühl, nass und sonnenscheinarm" sind die Attribute, die bei vielen (nicht bei allen) von uns für eher miesepetrige Mienen und wenig bis gar kein Sommerfeeling sorgen.


Dabei - seien wir doch mal ehrlich - war der Regen der vergangenen Tage in vielen Regionen des Landes mehr als dringend nötig (siehe dazu auch im Archiv das Thema des Tages von Dienstag, 23.06.2015 "Endlich Regen"), und dass bei länger andauerndem Regen keine 25 bis 30 Grad gemessen werden, ist außerhalb der Tropen auch völlig normal. Immerhin befinden wir uns in den mittleren Breiten, im Westen und Norden umgeben von Meeresgebieten, die nicht gerade für ausufernd hohe Temperaturen bekannt sind. Kommt nun die Luft, wie in den vergangenen Tagen, aus diesen Regionen, heißt es im Wetterbericht eben kurz und bündig "unbeständig mit Regenfällen, kühl". Dass das nicht ad infinitum so bleiben muss, ja bleiben wird, ist sehr wahrscheinlich, womit wir beim eigentlichen Thema wären: Wie geht es denn nun weiter?

Nun, um es vorweg zu nehmen. Den ganz großen Durchbruch wird es auch
in den nächsten Tagen nicht geben, aber die Atmosphäre müht sich.
Doch der Reihe nach.

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Aktuell haben wir es mit zwei Protagonisten in den für unser Wetter
relevanten Gebieten zu tun (siehe dazu auch die Wetterkarte von
Mittwochmittag). Zum einen ist
da Tief OTTO über der nördlichen Ostsee mit Kurs Finnland. OTTO war
und ist auch noch dafür verantwortlich, dass eine ordentliche Portion
wolkenreicher Meeresluft aus polaren Breiten zu uns geströmt ist, die
auch am heutigen Mittwoch noch große Teile des Landes mit etwas
lokalem Regen oder Nieselregen beehrt. Als regelrechter
"Wolkenfresser" - und damit wären wir beim zweiten Protagonisten -
bringt sich nun zunehmend Hoch ZOE ins Spiel, das sich von Frankreich
her bis nach Süddeutschland vorschiebt. Es sorgt dafür, dass sich die
Wolken etwa südlich der Mainlinie weitgehend auflösen oder soweit
auflockern, dass die Sonne für längere Zeit ihre
Auftrittsmöglichkeiten bekommt. Durch ihre derzeit hohe Stellung am
Himmel verfügt sie über reichlich Kraft, was sich freilich positiv
auf die Temperaturentwicklung am und über dem Erdboden auswirkt. So
steigt die Temperatur am heutigen Mittwoch im Süden auf 19 bis 24
Grad, wo am Dienstag keine 20 Grad erreicht wurden - immerhin. Im
Norden und Osten hingegen bleibt es mit 15 bis 19 Grad eher
unterdurchschnittlich temperiert.

Am Donnerstag und Freitag ändert sich an der geschilderten Verteilung
nicht viel. Zwar verzieht sich Tief OTTO in Richtung Nordpolarmeer,
auf der anderen Seite schafft es Hoch ZOE aber nicht, einen
substanziellen Zugriff auf die Regionen nördlich der Mittelgebirge zu
bekommen. Kurzum, im Norden spielen abgesehen von wenigen
Auflockerungen weiterhin die Wolken die Hauptrolle, wobei es hier und
da etwas regnet oder nieselt. In der Mitte ist es heiter bis wolkig,
während in Süddeutschland die Chancen auf längeren Sonnenschein am
größten sind. Dort, aber auch in den westlichen Landesteilen geht es
weiter bergauf mit dem Temperatur. 24 bis 29 Grad stehen am Freitag
auf der Karte, was ohne Zweifel und sogar ganz offiziell (ab 25 Grad
spricht der Meteorologe per definitionem von einem Sommertag) als
sommerlich bezeichnet werden darf. Aber auch im bewölkten Norden und
Osten wird es mit 18 bis 24 Grad wärmer, lediglich an
Küstenabschnitten, wo der Wind von der mit 13 bis 16 Grad eher
"schmal" temperierten Nord- und Ostsee kommt, bleibt es noch etwas
kühler.


Am Wochenende versucht ein neues, allerdings weit draußen auf dem
mittleren Nordatlantik positioniertes Tief, einen Fuß ins
mitteleuropäische Wettergeschehen zu bekommen - mit Teilerfolgen. Vor
allem am Samstag (möglicherweise schon am Freitagabend beginnend)
kommt es von West nach Ost zu schauerartigen Regenfällen und
Gewittern, was mit einer allgemeinen Abkühlung einhergeht. So kalt
wie jetzt zu Wochenbeginn wird es aber nicht, meist reicht es für 20
Grad oder etwas mehr.

Am Sonntag wiederholt sich dann das schon bekannte Schauspiel der
Vortage. Besonders im Süden leichter Hochdruckeinfluss mit
Sonnenschein, sonst häufig Wolkenüberschuss und gebietsweise etwas
Regen, aber auch ein paar Lücken. Da lohnt sich ein Blick in Richtung
Südwesteuropa, wo sich mittlerweile afrikanische Heißluft
breitgemacht hat, die auf der Iberischen Halbinsel Temperaturen weit
über der 30-Grad-Marke, im Süden sogar um oder über 40 Grad
produziert. Diese Luftmasse kommt im Laufe der nächsten Woche
nordwärts bis nach Westeuropa bzw. ins westliche Mitteleuropa voran.
Besonders Frankreich dürfte davon profitieren, wobei der Begriff
"Profit" angesichts der dort erwarteten Bullenhitze von der
Bevölkerung eher mit gemischten Gefühlen gesehen werden dürfte.

Ob die große Hitze schließlich auch zu uns nach Deutschland kommt,
steht noch vollkommen in den Sternen. Am gestrigen Dienstag waren die
Computerprognosen noch sehr optimistisch, so dass in einigen Medien
schon von Hitzewelle und "Saharapeitsche" gesprochen wurde. Die
heutigen Vorhersagen hingegen haben einen merklichen Dämpfer
erhalten, will heißen, die heiße Luft bliebe danach weiter im Westen
und würde uns - zunächst jedenfalls - nicht mit voller Breitseite
treffen. Trotzdem würde es insgesamt wärmer werden, wobei die Chancen
auf 30 Grad oder etwas mehr am ehesten im Süden und Westen gegeben
wären. Wie auch immer, für Details ist noch viel Spielraum und man
wird sehen, was die Computersimulationen der nächsten Tage so zu
Papier bringen. Der Verfasser jedenfalls - so viel Meinungsfreiheit
sei am Schluss erlaubt - kann gut und gerne auf eine Hitzewelle mit
mehr als 30 Grad verzichten. Schaun mer mal...


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