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22. Juni 2015 | M.Sc.-Met. Sebastian Schappert

Flugreisen und ihre Turbulenzen

Die meisten Menschen, die in ihrem Leben schon einmal geflogen sind, kennen das aufregende Gefühl beim Start einer Flugreise auf dem Rollfeld, wenn die Turbinen aufheulen, das Flugzeug unter großer Beschleunigung auf das Ende der Startbahn zu rast und der eigene Körper in den Sitz gedrückt wird.

Dann hebt die Maschine ab und der Blick aus dem Fenster lässt die umliegende Landschaft mit zunehmender Höhe rasch kleiner aussehen. Nach wenigen Minuten verspürt man dann allmählich eine Beruhigung, die Beschleunigung des Flugzeugs lässt nach und der eigene Puls normalisiert sich wieder. Die einkehrende "Stille" kann jedoch täuschen!


Die meisten Flugreisenden werden sie schon erlebt haben. Aber nicht
nur Menschen mit Aviophobie, also der Angst vorm Fliegen, jagen sie
einen Schrecken ein. Die Rede ist von einem Phänomen, das im
allgemeinen Volksmund als "Luftloch" bezeichnet wird. Dabei handelt
es sich allerdings keinesfalls um ein Loch in der Luft, sondern um
Turbulenzen. Diese Turbulenzen sorgen für ein schnelles Auf- oder
Absteigen, wie bei einer wilden Achterbahnfahrt und können das
Flugzeug gut durchschütteln. Da der Mensch recht sensibel auf
Änderungen der Gewichtskraft reagiert, entsteht vor allem beim
überraschenden Absinken der Maschine ein unangenehmes Gefühl in der
Magengrube. Wer angeschnallt ist, muss sich aber keine Sorgen machen,
dass man aus dem Sitz gehoben wird. Die schweren Kolosse aus Metall
sind so konstruiert, dass sie den turbulenzbedingt einwirkenden
Kräften Stand halten. Aber wodurch treten solche Turbulenzen in der
Luft auf?

In und um Wolken herum herrschen teils starke Auf- und Abwinde.
Durchquert nun eine Passagiermaschine eine Wolke mit einer hohen
Geschwindigkeit (diese variiert je nach Flughöhe (6-11 km) und
Windverhältnissen) von über 800 km/h relativ zur Erdoberfläche, so
erfährt die Maschine rasch aufeinanderfolgende Auf- und Abwinde und
Flugzeug samt Passagieren werden mehr oder weniger stark
durchgerüttelt.

Aber auch in wolkenfreier Luft kann es turbulent zugehen. Bei
fehlender Luftfeuchtigkeit treten Aufwinde auch ohne sichtbare Wolken
auf. In diesem Fall spricht man von "Blauthermik". Treffen Luftmassen
mit unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten oder -richtungen in
größeren Höhen aufeinander (Windscherung), kommt es ebenfalls zu
Turbulenzen. Meist treten diese Arten der Turbulenz überraschend auf,
da sie ohne Wolken mit bloßen Augen nicht zu erkennen sind.

Luftmassen werden beim Überqueren von Gebirgszügen wie zum Beispiel
die Alpen in Europa, die Rocky Mountains in Nordamerika oder auch das
Himalaya-Gebirge in Asien bei Anströmung gehoben. Die dadurch
entstehende Wellenbewegung der Luft pflanzt sich bis in größere Höhen
fort. Überquert also ein Flugzeug einen Gebirgszug, muss ebenfalls
mit entsprechenden Turbulenzen gerechnet werden.

Turbulenzen im Gebirge
Turbulenzen im Gebirge


Ein weiterer Ort, an dem es zu turbulenten Strömungen in der
Atmosphäre kommt, ist an sogenannten Luftmassengrenzen, wo warme und
kalte Luftmassen großflächig aufeinander treffen. Aktuell ist eine
solche Luftmassengrenze im Süden Deutschlands zu finden. Ausgehend
von Tief OTTO, das von der Nordsee über Dänemark in Richtung Ostsee
unterwegs ist, wurde das Bundesgebiet am Sonntagabend und in der
Nacht zum Montag zu großen Teilen von diesem Tiefausläufer überquert.
Dieser trennt eine warme Luftmasse, die zurzeit noch im Alpenvorland
zu finden ist, von kälterer Meeresluft, die nachfolgend vom Atlantik
über die Beneluxländer zu uns geführt wird. Entlang dieser Front
schiebt sich die kalte unter die warme Luft, wodurch es zum
Aufsteigen und Absinken der Luftmassen und entsprechenden Turbulenzen
kommt. In den sonstigen Teilen Deutschlands sorgt die einfließende
kühle und wolkenreiche Meeresluft für wiederholte Schauer und
vereinzelte Gewitter. Wenn Sie also heute in Deutschland mit dem
Flieger unterwegs sind, schnallen sie sich an! Der Flug könnte
turbulent werden.


© Deutscher Wetterdienst