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14. Juni 2015 | M.Sc. Met. Stefan Bach

Was haben Schafe und das Wetter miteinander zu tun?

Nun ja, auf den ersten Blick haben Schafe vielleicht nicht unbedingt etwas mit dem Wetter zu tun, aber der regelmäßige Thema-des-Tages-Leser wird an dieser Stelle schon einmal von sogenannten meteorologischen Singularitäten oder auch Witterungsregelfällen gelesen haben.

Dabei handelt es sich um Wetterlagen, die zu bestimmten Zeiten im Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten. Sie weisen eine deutliche Abweichung von einem glatten Verlauf von Temperatur und/oder Niederschlag auf, was sich auch im vieljährigen Mittel widerspiegelt. Eine dieser Witterungsregelfälle ist die Schaf(s)kälte (der Duden kennt beide Varianten).

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Merkmal der Schafskälte ist, wie schon der Name suggeriert, ein
kühler Witterungsabschnitt, der häufig Mitte Juni (oft wird der 10.
bis 12. Juni angegeben) mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 80 %
eintritt. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser Zeitraum mit
feuchter Witterung einhergeht, liegt hingegen bei 55 %. Dass sich
diese Abkühlung auch in den Kurven der über 30 Jahre gemittelten
Tagesmitteltemperatur (Klimareferenzperiode 1961 bis 1990) für
verschiedene Orte in Deutschland zeigt, können Sie in der Grafik sehen.
Da die Hirten traditionell zum Ende des Frühjahrs ihre Schafe
scheren, kann es den frisch "rasierten" Schafen - je nach Intensität
der Schafskälte - nun ziemlich kalt werden. Bei besonders kalten
Temperaturen ist die Situation für die Tiere sogar durchaus
gefährlich, weshalb Muttertiere und Lämmer erst nach dem
Kälteeinbruch geschoren werden.

Ursache der Schafskälte in Mitteleuropa ist ein Kaltluftvorstoß aus
Norden oder Nordwesten. Zu diesem komme es, wenn sich Mitteleuropa am
westlichen bzw. südwestlichen Rand eines Tiefdruckgebietes befindet,
da auf der Nordhalbkugel der Wind entgegen dem Uhrzeigersinn in
Richtung Tief weht. Aufgrund der unterschiedlich schnellen Erwärmung
von Land- und Wassermassen ergeben sich bei solch einem
Kaltluftvorstoß zumeist große Temperaturunterschiede im
Einflussbereich des Tiefs. Im weiteren Verlauf des Sommers gleichen
sich Land- und Wassertemperaturen zunehmend an, womit die
Kaltluftvorstöße immer geringere Ausmaße haben.

In den vergangen Tagen, also gerade im Zeitraum vom 10. bis 12. Juni,
wurde es eher wärmer als kälter. Wenn man aber auf die kommenden Tage
schaut, so stellt sich eine nordwestliche bis nördliche Strömung ein,
die maritime Luftmassen polaren Ursprungs zu uns nach Deutschland
führt. Das macht sich - insbesondere im Vergleich mit den teils
heißen Höchstwerten vom Freitag (im Osten am Samstag)- in Form eines
markanten Temperaturrückgangs bemerkbar.
So hat die Kaltfront eines Tiefs über Schweden am heutigen Sonntag
bereits den äußersten Norden und Nordwesten Deutschlands erreicht.
Sie kommt aber nur langsam südwärts voran. In der Folge steigen die
Höchstwerte im Norden nur auf 14 bis 21 Grad an, wobei es auf den
Nordseeinseln am kältesten bleibt. Südlich einer Linie Berlin-Trier
wird vielerorts noch einmal die 25-Grad-Marke überschritten, die die
Schwelle zu einem "Sommertag" markiert. Zu Beginn der neuen Woche
sinkt das Temperaturniveau überall noch etwas. Auf den Nord- und
Ostfriesischen Inseln werden 14 Grad erreicht, in Süddeutschland
meist Werte um 22 Grad. Nur in der Oberrheinischen Tiefebene können
es lokal noch einmal 25 Grad werden. Am Dienstag erwarten wir 14 bis
19 Grad, südlich des Mains auf 17 bis 22 Grad. Die nächtlichen
Tiefstwerte liegen besonders im Norden und in der Mitte im
einstelligen Bereich (in einigen "Kältelöchern", wie beispielsweise
Quickborn in Schleswig-Holstein, lässt sich dabei örtlicher
Bodenfrost nicht ganz ausschließen). Am Mittwoch und Donnerstag wird
es dann voraussichtlich allgemein wieder etwas wärmer, "Sommertage"
bleiben aber selbst am Oberrhein die Ausnahme. Die Schafskälte kommt
also zum richtigen Zeitpunkt (je nach Definition ggf. etwas
verspätet) und mit einem markanten Temperaturrückgang. Da aber das
Temperaturniveau vorher hoch war, kann man wohl aber von "Schafskälte
light" sprechen.


© Deutscher Wetterdienst