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31. Mai 2015 | M.Sc.Met. Stefan Bach

Klimatische Wasserbilanz - Das Frühjahr 2015

Am morgigen Montag beginnt der meteorologische Sommer. Dass wir Meteorologen den Sommeranfang aus rein praktischen bzw. statistischen Gründen anders definieren als beispielsweise der Kalender, und wie sich das Wetter in den ersten "Sommertagen" gestalten wird, konnten Sie gestern an dieser Stelle lesen.

Blickt man aber auf die vergangenen fast drei Monate zurück, so war
das (meteorologische) Frühjahr insgesamt gesehen um 1,1 Kelvin zu
warm, in weiten Teilen Deutschlands aber vor allem zu trocken.

Dementsprechend weist die klimatische Wasserbilanz (KWB) des
Frühjahrs 2015 meist ein Vorzeichen auf, nämlich "minus". Diese
Bilanz ist die Differenz aus der Niederschlagssumme und der
potentiellen Evapotranspiration über Gras bei sandigem Lehmboden. Die
potentielle Evapotranspiration wiederum setzt sich einerseits aus der
Verdunstung über einer vegetationslosen Erdoberfläche (Evaporation)
und andererseits aus der potentiellen Verdunstung an Blattoberflächen
(Transpiration) zusammen.
Bei einem Bewuchs mit Gras gibt die potentielle Verdunstung diejenige
Wassermenge an, die von einer ausreichend feuchten Grasfläche an die
Atmosphäre abgegeben wird. Sie ist die maximale Wassermenge, die dem
Boden durch das Gras entzogen werden kann. Ist der Boden durch
fehlenden Niederschlag nicht ausreichend mit Wasser versorgt,
schränken die Gräser über die Schließung ihrer Spaltöffnungen
(Stomata) die Verdunstung ein. Dann liegt die tatsächliche zum Teil
deutlich unter der potentiellen Verdunstung.

Der Wassergehalt des Bodens, der dem Gras für die Verdunstung zur
Verfügung steht, ist zudem von der Bodenart abhängig. Ein Sandboden
speichert in der Schicht bis 60 cm Tiefe maximal 60 mm (=Liter pro
Quadratmeter) Wasser, ein Lehmboden dagegen 150 mm. Bei Trockenheit
geht daher die tatsächliche Verdunstung über Sand schneller als über
Lehm zurück. Die potentielle Evapotranspiration ist von
meteorologischen Parametern wie Temperatur, Luftfeuchte (und somit
Sättigungsdefizit der Luft), Wind und anderen Größen abhängig und
kann mittels agrarmeteorologischer Methoden berechnet werden.


Nebenstehend finden Sie eine Grafik, die die
klimatische Wasserbilanz seit 1. März 2015 darstellt. Im Norden und
der Mitte hat die KWB mit Ausnahme einiger Regionen (z.B. der
Mittelgebirge) verbreitet negative Werte angenommen. In den roten
Bereichen sind über 125 mm Wasser mehr verdunstet als im gleichen
Zeitraum an Niederschlag gefallen ist. Dabei kommen die klassischen
Trockengebiete im Osten Deutschlands, in Rheinhessen und das
unterfränkische Maintal sehr gut heraus. Dementsprechend
ausgetrocknet sind dort die obersten 20 cm der Böden - für so manchen
Landwirt möglicherweise Grund zur Sorge wegen drohender
Ernteeinbußen, vor allem bei erst in diesem Jahr ausgebrachten
Feldfrüchten.
So hat es in Frankfurt am Main im gesamten Frühjahr bisher nur 51,1
mm Niederschlag gegeben. Im vieljährigen Mittel (Referenzperiode
1961-1990) stehen dem 163,9 mm gegenüber - es sind also lediglich
etwa 31 % des "Soll-Niederschlags" gefallen.

In den "Trockengebieten" sehnen sich sicherlich viele Allergiker und
vor allem Gärtner nach Landregen, der die Böden allmählich und wenig
erosiv befeuchtet. Kurze Schauer oder Gewitter sind dabei nur ein
Tropfen auf den heißen Stein. Hinzu kommt, dass die Böden bei
Starkregenereignissen das Niederschlagswasser in so kurzer Zeit gar
nicht aufnehmen können - das Wasser fließt oberflächlich ab.

Ganz anders sieht die Situation in Süddeutschland aus: Im
Alpenvorland und im Südschwarzwald fällt die KWB deutlich positiv
aus. Dort sorgten mehrere Dauerregenereignisse für einen Überschuss
von mehr als 250 mm. Teils drohte Hochwasser, aber mittlerweile hat
sich die Situation wieder entspannt.

In der Nacht zum Montag zieht nun ein Tiefausläufer von Westen in die
Mitte Deutschlands und sorgt für teils länger anhaltenden Regen. Die
Niederschläge weiten sich am Montag tagsüber auch bis in den Süden
und Osten Deutschlands aus, schwächen sich jedoch von Westen wieder
rasch ab. Im Flächenmittel wird während dieses Zeitraums eine
Niederschlagsmenge von 5 bis 10, gebietsweise um 15 l/qm erwartet.
Dies wird jedoch an der vorherrschenden negativen klimatischen
Wasserbilanz nur wenig ändern.



© Deutscher Wetterdienst