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29. Mai 2015 | Dipl.-Met. Martin Jonas

Nordhemisphärische Temperaturverteilung zum meteorologischen Sommerauftakt

Der Sommer steht vor der Tür. Schaut man sich die aktuellen
Temperaturen in Deutschland an, dann sind diese aber von sommerlichen
Werten oft weit entfernt. In manch einer Ecke wäre man sogar schon
mit frühlingshaften Temperaturen zufrieden.


Diese "Spätstarter-Mentalität" zeigt der met. Sommer aber nicht
überall auf der Nordhalbkugel. Es gibt durchaus Gebiete, in denen
sich die bevorstehende Jahreszeit deutlicher bemerkbar macht. Dies
ist zum Beispiel über dem Westen Russlands zu erkennen, aber auch
über Kanada und Alaska ist warme Luft schon recht weit nach Norden
vorgedrungen.

Zum Vergrößern bitte klicken
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In der zugehörigen Grafik sind für den 1. Juni, also den meteorologischen Sommeranfang,
die Temperaturen im 850-hPa-Niveau (hPa=Hektopascal) dargestellt.
Dies ist eine Druckfläche in der Atmosphäre, die etwa in einer Höhe
von 1,5 km liegt. Wenn Sie sich fragen sollten, warum man
ausgerechnet diese Höhe wählt, so ist die Antwort recht einfach.
Diese Höhe entspricht etwa der Obergrenze der sogenannten
atmosphärischen Grenzschicht, in der der Tagesgang der Temperatur
sehr stark ausgeprägt ist. Mit anderen Worten: Man kann ab dieser
Höhe ohne größere tägliche Schwankungen Aussagen darüber treffen, ob
die Luftmasse warm oder kalt ist.

Damit soll es dann auch schon gut sein mit den theoretischen
Erläuterungen. Beim Blick auf die Karte fallen auf der Nordhalbkugel
recht hohe Temperaturen über Kanada und der nordamerikanischen
Pazifikküste, vor allem aber über dem Westen Russlands auf (rote
Kreise). Hier ist Warmluft weit nach Norden vorgedrungen.
Entsprechend sollen sich die Temperaturen dort am 1.Juni - dann der
Jahreszeit entsprechend - im sommerlichen Bereich bewegen. 26 Grad
Celsius werden für Kojnas vorhergesagt, das mit etwa 65 Grad
nördlicher Breite fast auf dem Polarkreis liegt. Etwas weiter
südlich, in Syktywkar (dieser Name ist wohl leichter zu schreiben als
zu lesen) wird es mit 29 Grad wohl noch etwas wärmer werden, was
Outdoor-Aktivisten sicher freuen dürfte.

Und in Kanada? Bethel in Alaska erwartet immerhin 21 Grad. Der Ort
liegt auf 60 Grad nördlicher Breite und damit etwa auf der gleichen
Breite wie Norwegens Hauptstadt Oslo.

Ebenfalls auffallend in der Karte sind die mit den blauen Kreisen
markierten Gebiete. Dort ist der Temperaturgegensatz zwischen
kälterer Luft im Norden und wärmerer Luft im Süden sehr groß.
Regelmäßige Leser unseres Tagesthemas werden sich vielleicht an den
Text vom 24.05. erinnern, in dem der Kollege Tobias Reinartz die
Atmosphäre als "Kämpfer für Gerechtigkeit" bezeichnet hat, weil sie
stets bemüht ist, Temperaturgegensätze auszugleichen. Damit wird
unser Gerechtigkeitsfanatiker in den "blauen" Gebieten wohl bald mal
tätig werden müssen. Da eines dieser Gebiete über Westeuropa und
Nordwestafrika zu finden ist, schwingt da die Hoffnung mit, dass die
Temperaturen bei uns auch mal ein höheres Niveau erklimmen werden.

Aber zumindest in einem Punkt sind wir den Russen voraus. Denn
während an Nord- und Ostsee die Wassertemperaturen schon im niedrigen
zweistelligen Bereich liegen, werden am Weißen Meer und in der
Barentssee nur Werte um 5 Grad erreicht. Somit ist Schwimmen in
diesen Gewässern nur etwas für ganz Harte... Aber in Russland finden
sich dafür ja vielleicht Begeisterte...


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD