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07. Mai 2015 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

Nach den Unwettern: Die Zeit der Tornado-Aufklärung

Zwei Tage nach den zum Teil schweren Gewittern in der Nordhälfte Deutschlands geht es vielerorts noch darum, die Schäden zu beseitigen - und das, was passierte, zu analysieren.

Denn gerade den Tornados, die zwar besonders schadensträchtig sind, sich aber meist nur sehr kleinräumig auswirken, gebührt besondere Aufmerksamkeit bei der Nachbetrachtung der Unwetter. Handelt es sich bei den Verdachtsfällen tatsächlich um einen Tornado, oder sind die Schäden durch andere Wetterphänomene verursacht worden?

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Am Dienstag, den 5. Mai 2015, zog eine markante Gewitterlinie über
weite Teile Norddeutschlands hinweg. Heftiger Starkregen, mitunter
großkörniger Hagel bis 5 cm und schwere Sturmböen waren mit von der
Partie. Vereinzelt traten sogar Orkanböen auf. In die Gewitterlinie
eingebettet waren besonders intensive Gewitterzellen, sogenannte
Superzellen. Aufgrund der ganz spezifischen Struktur dieser Gewitter
besteht dort, wo eine solche Superzelle aufzieht, eine besonders hohe
Tornadogefahr.

Insgesamt fünf Tornado-Verdachtsfälle wurden seit Dienstag allein
über Deutschland auf unterschiedlichsten Wegen gemeldet (siehe die
Übersichtskarte). In zwei Fällen wurde eine
rotierende Luftsäule, die von der Wolke bis zum Erdboden reicht (nur
dann ist es de facto ein Tornado), per Foto oder Video festgehalten.
Meist handelt es sich aber um Augenzeugenberichte, zum Teil
existieren Fotos und Videos von dem durch den vermeintlichen Tornado
verursachten Schaden. In letzteren Fällen müssen für die Aufklärung
zwingend weitere Recherchen und Untersuchungen der Schäden folgen.

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Die Tornadoschäden sind recht spezifisch und unterscheiden sich von
Schäden, die beispielsweise den auch fernab eines Tornados
auftretenden Sturm- oder Orkanböen zuzuordnen sind. So verursachen
Tornados vielfach eine Schneise der Verwüstung, die in Extremfällen
viele Kilometer lang, teilweise aber auch unterbrochen sein kann.
Außerhalb dieser Schneise sind die Schäden deutlich geringer,
mitunter lassen sich sogar keine Schäden finden. Ganz typisch sind
auch unterschiedliche Fallrichtungen von Bäumen und die sehr weite
Verfrachtung von Gegenständen.

Zwei der fünf Verdachtsfälle gelten bereits als bestätigt. Nahe Rampe
bei Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern wurde um 18:20 Uhr ein Tornado
gefilmt. Der Bodenkontakt der rotierenden Luftsäule erscheint durch
die auf dem Video deutlich sichtbaren Aufwirbelungen von Material als
gesichert. Gut zwanzig Minuten später ereignete sich ein weiterer
Tornado in einem Gebiet zwischen Schwerin und Rostock, der weitaus
häufiger und besser dokumentiert wurde. Der Tornado zog unter anderem
durch die Kleinstadt Bützow und sorgte dort für verheerende Schäden.


Noch unklar sind die weiteren drei Fälle in Ganderkesee
(Niedersachsen, ca. 16 Uhr), Groß Laasch und Kreien (beide
Mecklenburg-Vorpommern zwischen 18:20 und 18:40 Uhr). Darüber hinaus
ist noch nicht gesichert, ob es sich wirklich um weitere drei
voneinander unabhängige Tornadoereignisse handelt. Es ist durchaus
denkbar, dass es sich bei den Fällen Groß Laasch und Kreien um einen
"springenden" Tornado handelte, der keine durchgehende, sondern eine
unterbrochene Schneise verursachte. Es ist nicht auszuschließen, dass
dies auch für die beiden bestätigten Meldungen Rampe und Bützow gilt.
Denn hier war ein und dieselbe Superzelle Geburtsstätte der beiden
Tornados.

Es liegt also noch viel Arbeit vor den Experten, die sich die
Aufklärung von Tornado-Verdachtsfällen auf die Fahne geschrieben
haben. Die Liste der Verdachtsfälle scheint in den nächsten Tagen
wenigstens nicht länger zu werden. Zwar muss immer wieder mal mit
Schauern und kurzen Gewitter gerechnet werden, diese werden
allerdings nicht so heftig ausfallen wie am vergangenen Dienstag.


© Deutscher Wetterdienst