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25. März 2015 | Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber

Sonnenfinsternis 2015 - Stresstest für das Stromnetz

Der Ausbau der erneuerbaren Energien - vor allem Wind- und Sonnenenergie - spielt eine zentrale Rolle in der globalen Energiewende.

Der Anteil an erneuerbaren Energien an der Stromversorgung hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und liegt aktuell bei etwa 28 Prozent (http://www.agora-energiewende.de/themen/die-energiewende).


Die Sonnenfinsternis am 20. März 2015 wurde in den Medien im Vorfeld
als "Stresstest" für die Stromnetzbetreiber oder sogar für die
gesamte Energiewende angekündigt. Das Wetter während der
Sonnenfinsternis spielt bei solchen Überlegungen eine entscheidende
Rolle, denn bei verbreitet wolkenlosen, sozusagen sonnigen
Bedingungen hat die Abschattung der Sonne durch den Mond große
Auswirkungen auf die Stromproduktion aus den installierten
Solaranlagen (Photovoltaik- (PV-) Anlagen). Der große Unterschied zu
den "alltäglichen" Vorgängen wie zum Beispiel Bewölkungsaufzug oder
das Einsetzen der Dämmerung ist, dass im Falle der Sonnenfinsternis
das Fehlen bzw. das Wiedereinsetzen der Sonneneinstrahlung abrupter
und vor allem für ein riesiges Gebiet quasi gleichzeitig von statten
geht.

Am vergangenen Freitag trat dann annähernd der gerade beschriebene
schlimmste Fall also das "Worst Case" Szenario ein. Denn mit Ausnahme
einiger Gebiete im Westen bzw. Nordwesten war es in Deutschland
nahezu wolkenlos und somit die Auswirkung der Sonnenfinsternis auf
die solare Stromerzeugung eklatant. Aufzeichnungen zeigen, dass sich
innerhalb eines Zeitraums von nur etwa einer Stunde die
deutschlandweite PV-Produktion von etwa 13.000 MW auf etwa 5.000 MW
also um mehr als 60 % verringerte. Anschließend stieg die solare
Stromerzeugung, unterstützt durch den üblichen Tagesgang, innerhalb
von nur ca. 1,5 Stunden um etwa 300 % von 5.000 MW auf knapp 20.000
MW wieder an (siehe Abbildung). Das ist in etwa so, als ob man 8 bzw.
15 Großkraftwerke (z.B. große Atom- bzw. Kohlekraftwerke) in
kürzester Zeit aus bzw. anschaltet (was mitunter aus technischen
Gründen gar nicht möglich wäre).


Diesen ungünstigen Bedingungen zum Trotz haben die deutschen
Übertragungsnetzbetreiber den Stresstest bestens gemeistert und es
kam zu keinen kritischen Situationen für das deutsche Stromnetz. Dass
dies kein Zufall war, belegen die gewissenhaften Vorbereitungen im
Vorfeld. Dabei war auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) beteiligt und
lieferte einen erheblichen Beitrag zum reibungslosen Ablauf.
Einerseits standen die Netzverantwortlichen und Mitarbeiter des
Innenministeriums (BMI) in regelmäßigem Kontakt mit der Vorhersage-
und Beratungszentrale (VBZ) des DWD und erhielten dort von den
Meteorologen Informationen zu den erwarteten Bewölkungsverhältnissen
am Tag der Sonnenfinsternis. Andererseits wurden im Zuge des Projekts
EWeLiNE (http://www.projekt-eweline.de), wo DWD, Fraunhofer-IWES
(Institutsteil Windenergie und Energiesystemtechnik) sowie drei
Übertragungsnetzbetreiber zusammen daran arbeiten, die Wetter- und
Leistungsprognosen für Windkraft- und PV-Anlagen zu verbessern, in
Vorbereitung auf die Sonnenfinsternis 2015 "Worst und Best Case"
Szenarien simuliert. Ab drei Tage vor der Sonnenfinsternis wurden
zusätzlich zu den operationellen Wetterprognosen spezielle
Vorhersagen berechnet, welche die Sonnenfinsternis explizit
berücksichtigten und so deren Auswirkung auf den Strahlungshaushalt
unserer Atmosphäre abschätzen konnten. Eine aussagekräftige Abbildung
zur vorhergesagten und der tatsächlichen Stromproduktion aus
Sonnenenergie am Tag der Sonnenfinsternis ist nachfolgend
zu sehen.

Zum Vergrößern bitte klicken
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© Deutscher Wetterdienst