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19. März 2015 | M.Sc.-Met. Andreas Würtz

Klare Sicht während der partiellen Sonnenfinsternis in Deutschland?

Wissen Sie noch, wo Sie am 11. August 1999 waren? Der eine oder andere wird sich nun fragen: Wieso? Was war denn an diesem besagten Datum?

Einige von Ihnen werden sich jedoch noch genau daran erinnern. Denn
vor fast 16 Jahren konnte über Teilen Mitteleuropas eine totale
Sonnenfinsternis beobachtet werden. Das Besondere an dieser
Sonnenfinsternis war, dass sich der Kernschatten über weite Teile der
Südhälfte Deutschlands bewegte. Wer nun auf die nächste totale
Sonnenfinsternis in Deutschland wartet, muss sich allerdings bis zum
Jahr 2081 gedulden.


Dennoch gibt es bis dahin in einigen Regionen Europas zumindest eine
partielle Sonnenfinsternis zu bestaunen. So auch am morgigen Freitag,
dem 20. März 2015 in Deutschland.
Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einer "totalen" und
einer "partiellen" Sonnenfinsternis? Aufgrund der riesigen Entfernung
zwischen Mond und Sonne, gelingt es dem Mond, von einem Punkt auf der
Erde aus beobachtet, die Sonne komplett zu verdecken, wobei der
Kernschatten auf der Erdoberfläche nur maximal wenige Hundert
Kilometer breit ist.
Um dieses kleinräumige Gebiet des Kernschattens herum befindet sich
der Bereich, indem die partielle Sonnenfinsternis beobachtet werden
kann. Da dort der Beobachtungspunkt, der Mond und die Sonne nicht
genau auf einer Achse liegen, wird die Sonne vom Mond nur teilweise
verdeckt (vom Beobachtungspunkt auf der Erde gesehen). In diesem
Bereich des "Halbschattens", der im Durchmesser mehrere Tausend
Kilometer aufweist, nimmt der Abdeckungsgrad der Sonne mit größer
werdender Entfernung zum Kernschatten ab. Dazu finden Sie nachfolgend
eine entsprechende schematische Abbildung
(Abb.1).

Zum Vergrößern bitte klicken
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Kommen wir nun zu den aktuellen Gegebenheiten der partiellen
Sonnenfinsternis am morgigen Freitag. Um eine grobe Vorstellung vom
Verlauf des Kernschattens (Region der totalen Sonnenfinsternis) sowie
des Halbschattens (Region der partiellen Sonnenfinsternis) zu
erhalten, sind auf der Abbildung 2 diese
Areale ungefähr abgesteckt. Der Kernschatten ist erstmals um 10:14
MEZ (Mitteleuropäische Zeit) östlich von Neufundland mit
Sonnenaufgang zu beobachten (Beginn der Totalitätszone, s. Abb.2).
Der rund 400 Kilometer breite Kernschatten wandert anschließend
ostwärts über den Nordatlantik in Richtung Nordwesteuropa und
überstreicht dabei die Färöer-Inseln sowie Spitzbergen. Auf dem Weg
in Richtung Arktis endet die Totalitätszone etwa 69 km vom Nordpol
entfernt (geographischen Koordinaten: 97°49' westl. Länge und 89°23'
nördl. Breite). Damit verlässt der Kernschatten um 11:21 MEZ die
Erdoberfläche. Die maximale Andauer der totalen Finsternis wird
östlich von Island erreicht und beträgt dort 2 Minuten 47 Sekunden.

Das Gebiet des Halbschattens, also dort, wo die partielle
Sonnenfinsternis beobachtet werden kann, ist bedeutend größer und
reicht vom nahen Ostatlantik über Grönland, Europa und Nordafrika bis
in den Nahen Osten und nach Westasien hinein (Gebiete innerhalb der
roten Linien, s. Abb.2).
Je weiter man sich von der Totalitätszone entfernt, desto weniger
wird die Sonnenscheibe vom Mond verdeckt. Speziell in Deutschland
werden im äußersten Südosten maximal 67% und im äußersten Nordwesten
etwa 83 % der Sonne verdunkelt (vgl. blaue Prozentangaben in Abb.2).
Das Maximum der Abschattung wird im äußersten Südwesten Deutschlands
etwa um 10:30 MEZ und im äußersten Nordosten um 10:50 MEZ erreicht.

Um dieses Naturschauspiel ungestört genießen zu können, muss zudem
das Wetter mitspielen. Ob uns die Wolken landesweit einen Strich
durch die Rechnung machen oder doch nur örtlich die Sicht zum Himmel
trüben, wird nun im Anschluss beschrieben.
Grundsätzlich verbleibt Deutschland unter Hochdruckeinfluss, der sich
vom Ostatlantik über Mitteleuropa bis nach Russland erstreckt.
Allerdings nähert sich ein Ausläufer eines schwachen Tiefs über
Südnorwegen der deutschen Nordseeküste. Im Vorfeld dieses
Tiefausläufers gelangt bereits in den bodennahen Schichten etwas
feuchtere Meeresluft in den Westen und Norden Deutschlands.
Dies führt einerseits zu einer hochnebelartigen Bewölkung in einigen
Gebieten Westdeutschlands und andererseits zu mittelhoher und hoher
Bewölkung im Norden. Dahingegen bleiben die Mitte und der Süden
Deutschlands weitestgehend unberührt von stärkeren Wolkenfeldern.

Konkret bedeutet dies, dass in Teilen Nordrhein-Westfalens und in den
nördlichen Bereichen von Rheinland-Pfalz durch eine hochnebelartige
Bewölkung die Sicht nach oben sprichwörtlich vernebelt ist. Diese
Hochnebeldecke wird sich voraussichtlich auch nur zögerlich auflösen.
Dennoch bestehen gute Chancen, dass sich zum Höhepunkt der partiellen
Sonnenfinsternis nur noch kleinere Hochnebelfelder am Himmel
befinden.
Im Norden und Nordosten Deutschlands, genauer gesagt im Norden von
Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in
Brandenburg zeigen sich oftmals mittelhohe und hohe Wolken. Allgemein
besteht in diesem Bereich ein Nord-Süd-Gefälle bzgl. des
Bedeckungsgrades. Hier stellen der Süden Brandenburgs,
Sachsen-Anhalts und Niedersachsens den Übergangsbereich zwischen dem
wolkigen oder bedeckten Norden und dem sonnigen Süden dar.
In diesem Übergangsbereich bestehen allerdings gute Chancen, dass der
Blick zur Sonne lediglich nur durch dünne Schleierwolken etwas
getrübt wird.

Ganz anders sieht es hingegen im Süden und in der Mitte Deutschlands
aus. Dort befinden sich die Bewohner auf der "Sonnenseite" und können
die partielle Sonnenfinsternis ohne Einschränkungen beobachten. Auch
das örtliche Auftreten dünner Schleierwolken sollte die Sicht auf die
Sonne nicht maßgeblich beeinträchtigen. Lediglich entlang des
Oberrheins besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich noch
Reste von Nebel- oder Hochnebelfeldern bis zur partiellen
Sonnenfinsternis halten.
Eine zusätzliche Grafik zu den oben beschriebenen
Bewölkungsverhältnissen:

Zum Vergrößern bitte klicken
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Die
darin angegebenen Prozentangaben geben den Bedeckungsgrad der
jeweiligen Gebiete an, wobei sich die kleinere Prozentangabe jeweils
auf die südlichen Bereiche der farbig markierten Bereiche bezieht.

Also auf in den Süden oder in die Mitte Deutschlands, denn hier haben
Sie bestimmt den "vollen Durchblick".


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