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17. März 2015 | Dipl.-Met. Helge Tuschy

Die Kehrseite von Sonnenhoch LUISA

Das Wetter wird heute in weiten Bereichen Europas vor allem durch das mächtige Sonnenhoch LUISA geprägt, welches sich mit einem Kerndruck von weiterhin über 1050 hPa fest über dem äußersten Westen Russlands und Finnland eingenistet hat.

Seine Entstehung und die entsprechenden Auswirkungen für diese Regionen wurden bereits im gestrigen Thema des Tages beschrieben. Jedoch reicht der Einfluss von LUISA noch deutlich weiter. Auch in Deutschland profitiert man von seinem Auswirkungen, denn es wird einerseits um dieses Hoch im Uhrzeigersinn trockene Festlandsluft herangeführt, andererseits erreicht uns aus dem zentralen Mittelmeer ein Schwall milder Luft. Somit werden heute und morgen bei reichlich Sonnenschein verbreitet frühlingshafte Wetterbedingungen mit Temperaturen von über 15 Grad, örtlich im Südwesten auch nahe 20 Grad erwartet.



Doch LUISA sorgt in Europa nicht nur für sonnige und milde
Bedingungen, sondern muss auch für das teils "schlechte" Wetter in
West- und Südeuropa verantwortlich gemacht werden. Um dies zu
verstehen, ist ein Blick auf die 500hPa Geopotentialkarte von Nöten.
Diese Karte wird verwendet, wenn die Prozesse der mittleren
Troposphäre betrachtet werden sollen, die durch ihre Dynamik einen
erheblichen Einfluss auf das Wetter in Bodennähe ausüben. Dabei liegt
die 500 hPa Fläche der Definition nach auf etwa 5574 m über
Meeresniveau. Da die Geopotentialfläche von der Temperatur der
Atmosphäre abhängig ist, kann man in diesen Höhenbereichen sehr gut
Tröge (Bereiche mit niedrigen Temperaturwerten) und Keile
(entsprechend wärmere Temperaturen) verfolgen. Durch teils sehr
komplexe physikalische Zusammenhänge können diese dann entsprechend
in der tieferen Troposphäre für die wechselnden Wettereinflüsse
sorgen, z.B. durch Steuerung der bodennahen Hoch- und
Tiefdruckgebiete.

Wenn wir am heutigen Tag einen Blick auf diese Karte werfen, erkennt
man LUISA als ein weiträumiges Gebiet mit hohem Geopotentialfeld, da
hier die Luft hochreichend sehr mild ist. Zudem wurde im gestrigen
Thema des Tages auch beschrieben, dass LUISA ein blockierendes
Hochdruckgebiet darstellt, wodurch Tiefdruckgebiete vom Atlantik
momentan nicht auf Europa übergreifen können. Doch wie so oft bei
solch blockierenden Lagen sorgen kleinräumige Tiefdruckgebiete für
den einen oder anderen Überraschungseffekt und davon gibt es heute
vor allem im westlichen und südlichen Europa sehr viele. Ein
aktuelles Bild der Geopotentialverteilung in Europa ist nachfolgend
zu sehen.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Dabei handelt es sich um eine Mischung aus mehreren "Kaltlufttropfen"
und um ein hochreichendes Tiefdruckgebiet. Ein Kaltlufttropfen ist
ein Höhentief, das in der mittleren Troposphäre mit kalter Luft
gefüllt ist und im Bodendruckfeld keine Bodentiefentwicklung aufweist
oder dort nur ansatzweise zu erkennen ist. Solche Katlufttropfen sind
am heutigen Tag über Großbritannien, dem westlichen Schwarzen Meer
und dem westlichen Tyrrhenischen Meer zu finden. Dabei bringen diese
für die jeweiligen Regionen unterschiedliche Wettererscheinungen mit
sich. Während sich der Kaltlufttropfen über Großbritannien als eher
wetterinaktiv erweist und nur rund um London kräftigere Schauer
auslösen soll, sorgt jener über dem Tyrrhenischen Meer verbreitet für
kräftige Schauer und Gewitter. Deren Energie wird aus der
Temperaturdifferenz zwischen dem warmen Mittelmeer
(Wassertemperaturen von 13-15 Grad) und der kalten Troposphärenluft
(um minus 25 Grad in 500 hPa) gespeist. Solche Ereignisse haben in
der Vergangenheit schon für teils heftige lokale Überschwemmungen
gesorgt. Auch aktuell deuten mehrere Wettermodelle ein erhöhtes
Unwetterpotenzial mit 24-std. Niederschlagsmengen von lokal 50 bis
teils deutlich über 100 l/qm für einige Regionen Italiens an. Ein
weiterer Kaltlufttropfen über dem westlichen Schwarzen Meer geht mit
einem Schwall kalter Kontinentalluft einher, sodass von Rumänien bis
in den Nordwesten der Türkei nachts mit frostigen Temperaturen und
Schneeschauern zu rechnen ist.

All diese Tiefdruckwirbel sind hinsichtlich ihrer Verlagerung auch in
der heutigen Zeit der hoch aufgelösten Modelle eher schwer
vorherzusagen, sodass man vor Überraschungen hinsichtlich Stärke und
Zugbahn nicht geschützt ist. Gesteuert werden sie vom Sonnenhoch
LUISA, die also nicht nur für frühlingshafte Temperaturen und viel
Sonnenschein verantwortlich gemacht werden kann, sondern besonders im
Mittelmeerraum auch für das regional sehr wechselhafte Wetter.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass sich über Portugal und Teilen Spaniens
auch noch ein kräftiges Tiefdruckgebiet eingenistet hat, welches zwar
ebenfalls kalte Temperaturen in der mittleren Troposphäre aufweist,
jedoch auch über ein gut strukturiertes Bodentief verfügt. Dieser
hochreichende Wirbel sorgt dafür, dass in den kommenden Tagen
hochreichend warme Luft aus dem Norden Afrikas zum westlichen
Mittelmeer geführt wird. Dadurch werden dort verbreitet Temperaturen
von über 20 Grad erwartet.
Entsprechend einer solchen blockierenden Wetterlage wird sich an
dieser Verteilung auch wenig ändern, sodass die Sonnen- und
Schattenseiten von Hoch LUISA auch die nächsten Tage über bestehen
bleiben.



© Deutscher Wetterdienst