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24. Februar 2015 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Winterliche Überraschung (?)

Zwar war der Schneefall am gestrigen Montag angekündigt, der ein oder andere wird sich aber bestimmt etwas erstaunt die Augen gerieben haben, dass es in einigen Teilen Deutschlands längere Zeit zum Teil recht kräftig geschneit hat.

So sind im Mittelgebirgsraum zum Teil über 10 cm Schnee gefallen. Selbst im Rhein-Main Gebiet hat sich in den Außenbezirken zumindest vorübergehend eine mehrere Zentimeter dicke Nassschneedecke ausbilden können.


Die Überraschung kam sicher bei vielen dadurch zu Stande, dass das
Wettergeschehen an den Vortagen nicht unbedingt auf Schneefall
schließen ließ. Aus Vorhersagersicht hielt sich das Erstaunen
hingegen in Grenzen. Vielmehr lieferte die Prognose gute Hinweise auf
dieses Ereignis und wurde entsprechend auch in den Vorhersagetexten
verarbeitet. Im heutigen Thema des Tages geht es nun um die
Vorhersage solcher winterlicher Wettererscheinungen, auch wenn dies
ein komplexes Thema ist und nicht in der Kürze komplett abgehandelt
werden kann. Daher soll es vielmehr darum gehen ganz allgemein die
Grundzüge zu skizzieren.

Beim DWD arbeitet man hauptsächlich nach der sogenannten "Top-Down"
-Methode. Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise bei der man
von oben nach unten durch die Atmosphäre hindurch schaut und dabei
die Verlauf von Temperatur und Feuchte betrachtet. Zum Verständnis
sind folgende Grundlagen wichtig: Liegt die relative Feuchtigkeit
nahe 100%, so kann der Wasserdampf in der Luft kondensieren und es
bilden sich Wolken und später vielleicht auch Niederschlag.
Entscheidend ist, bei welcher Temperatur dies geschieht. Liegen die
Werte im Niveau der Wolkenbildung unterhalb von -10 Grad, dann
entstehen verstärkt Eiskristalle. Bei Werten zwischen 0 und -10 Grad
überwiegen hingegen unterkühlte Wassertröpfchen. Bei positiven
Temperaturen gehen Eiskristalle und Schneeflocken wieder in die
Flüssigphase über.

Der Meteorologe beginnt nun also mit der Durchschau und betrachtet
dabei drei grundlegende Schichten:

(1) Wo bilden sich die Wolken?

Zunächst schaut man in den mittleren und höheren Luftschichten, in
welcher Höhe und vor allem bei welcher Temperatur sich das erste Mal
Wolken bilden. Geschieht dies bei Temperaturen unter -10 Grad, dann
ist die Wahrscheinlichkeit für Eiskristalle sehr hoch, was eine
wichtige Voraussetzung für Schnee ist. Bei höheren Temperaturen
halten sich hingegen unterkühlte Wassertröpfchen, was eher zu
Sprühregen führt.

(2) Gibt es Warmlufteinschübe?

Nun blickt man in die unteren Luftschichten. Im Winter ist es nicht
untypisch, dass sich wärmere Luftmassen über eine noch kalte,
bodennahe Schicht schieben (Inversion). Liegt die Temperatur in einer
ausreichend dicken Schicht oberhalb des Gefrierpunktes, so können
vorhandene Eiskristalle und Schneeflocken beim runter fallen zu
Wasser schmelzen.

(3) Wie sieht es in Bodennähe aus?

Ein ganz wichtiger und auch schwierig vorherzusagender Parameter ist
die Temperatur am Boden. Wenn sich dort beispielsweise noch Frost
hält und die Böden gefroren sind, kann der in höheren Schichten
geschmolzene Niederschlag oder der angesprochene Nieselregen beim
Auftreffen schlagartig fest frieren, was zu gefährlichem Glatteis
führt. Andererseits bleibt bei positiven Bodentemperaturen fallender
Schnee vielleicht gar nicht am Boden liegen. Aufgrund verschiedener
lokaler Verhältnisse und Unterschiede in der Beschaffenheit der Böden
kann es größere Unterschiede auf engem Raum geben. So was es
beispielsweise auch gestern im Rhein-Main-Gebiet, wo es in den
Städten "grün" blieb und in den Außenbezirken weiß wurde.

Hat man die Prognosen für den gestrigen Tag betrachtet, so lagen in
den betroffenen Gebieten auf dem Niveau der Wolkenbildung die Werte
deutlich unter -10 Grad (1), die Temperatur in den unteren Schichten
nahm zwar zu, lag aber weitgehend unterhalb von 0 Grad (2) und die
Bodentemperaturen bewegten sich um den Gefrierpunkt (3). Schnee war
also zu erwarten, nur ob er auch im Flachland liegen bleiben würde,
war aufgrund der oben erwähnten Schwierigkeiten noch etwas unsicher.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Ein wichtiger Parameter für die Wettervorhersage im Winter ist auch
die Feuchttemperatur. Das ist die Temperatur die sich in der Umgebung
einstellt, wenn Niederschlag in eine noch trockene Schicht fällt und
sich damit Sättigung einstellt. In einer Atmosphäre ohne
Temperaturumkehr mit der Höhe (Inversion), nutzt man als Faustregel
den Wert von +1.5 Grad. Dieser bildet die Grenze zwischen Regen und
Schnee. Oberhalb dieses Grenzwertes gibt es eher Regen, bei
niedrigeren Werten Schnee. Auch das hat gestern sehr gut geklappt,
wie man in der angehängten Grafik sehen kann . Auf der linken Seite
sieht man die Feuchttemperatur und rechts das Wetter. Dort wo die
Werte um den Gefrierpunkt lagen sieht man die violetten Schneesterne,
sonst tauchen grüne Regensymbole auf.

Es zeigt sich also wieder, dass der Meteorologe für eine gute
Vorhersage die verschiedenen Atmosphärenschichten durchleuchten muss
(3D), um keine bösen Überraschungen zu erleben..


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD