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11. Februar 2015 | Dipl.-Met. Thomas Ruppert

Über den Wolken...

Die nach Mitteleuropa gelangte Nordseeluft kam unter dem Einfluss des mächtigen Hochdruckgebietes GABRIELA zur Ruhe. Jedoch im Winterhalbjahr sind derartige Hochdruckwetterlagen ambivalent.

Hoch GABRIELA schiebt sich nach Deutschland herein. Doch während der Wintermonate bedeutet dies nicht immer eitel Sonnenschein.
Hoch GABRIELA schiebt sich nach Deutschland herein. Doch während der Wintermonate bedeutet dies nicht immer eitel Sonnenschein.


Einerseits sorgt absinkende, unter höheren Druck gelangende und sich
durch Kompression adiabatisch erwärmende Luft prinzipiell für
Bewölkungsauflösung und damit sonniges Wetter. Andererseits ist die
Strahlungsbilanz der Erdoberfläche wegen des tiefen Sonnenstandes und
der langen Nächte im Spätwinter in unseren Breiten noch deutlich
negativ. Die absinkende und sich erwärmende Luft trifft also auf eine
feucht-kühle Grundschicht.

In der Folge beobachtet man im vertikalen Temperaturverlauf in der
Atmosphäre vom Erdboden ausgehend zunächst den üblichen
Temperaturrückgang mit zunehmender Höhe, bevor die Temperatur
plötzlich stark ansteigt. Diese "Temperaturumkehr" nennt man
"Inversion". Oberhalb davon sinkt die Temperatur erneut, und zwar
durch die gesamte Troposphäre hindurch, bis bei Erreichen der
Tropopause eine erneute Temperaturumkehr oder wenigstens vertikale
Isothermie einsetzt.

Inversionen fungieren allgemein als Sperrschichten, sie verhindern
den vertikalen Austausch. In der atmosphärischen Grundschicht
reichern sich unterhalb von Inversionen Kondensationskeime an. Durch
nächtliche Abkühlung sinkt die Temperatur unter den Taupunkt und der
in der feuchten Luftmasse enthaltenen Wasserdampf kondensiert. Somit
kann sich am Boden Nebel bilden, in der Luftschicht unterhalb der
Absinkinversion entstehen zunächst Schichtwolken (Stratus) bzw.
Hochnebel, bei längerer Andauer der Wetterlage durch thermische
Umlagerungsprozesse Haufenschichtwolken (Stratocumulus).


Wegen der noch geringeren Intensität der solaren Strahlung zu dieser
Jahreszeit lösen sich Nebel und Wolken am Vormittag oftmals nur
zögernd, z.T. auch gar nicht auf. Dann kann in tiefen und mittleren
Lagen trübes und bei Auftreten von Nebelnässen oder Sprühregen
nasskaltes Wetter herrschen. Oberhalb der Inversion, etwa in
Gipfellagen des Berglandes, dagegen klarer Himmel mit guter Fernsicht
und milden Temperaturen.

Die heutige Inversion ist in ganz Deutschlands sehr gut ausgeprägt,
ihre Untergrenze, wo die Temperaturzunahme beginnt, liegt bei 700 bis
800 m Höhe. So beträgt die aktuelle Temperatur heute um 09:00 UTC auf
dem Brocken im Harz (Stationshöhe 1133 m) 6,3 °C (Taupunkt -10,7 °C,
d.h. sehr trockene Luft) bei 70 km Sichtweite, während es in
Braunlage am Fuße des Hochharzes (607 m Stationshöhe) -1,2 °C sind,
dazu Nebel mit 300 m Sichtweite.

Wer den Brocken oder andere deutsche Mittelgebirgsgipfel bei
prächtigem Sonnenschein über einem Meer aus Nebel und Wolken genießen
möchte, sollte den jeweiligen Berg besteigen und sich zuvor im
Internet einen Schnappschuss per Webcam gönnen.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Am gestrigen Dienstag waren in Mitteleuropa ähnliche
Wetterbedingungen anzutreffen. Eine Aufnahme des abbildenden
Spektroradiometers MODIS (Moderate Resolution Imaging
Spectroradiometer) auf dem polar umlaufenden, sonnensynchronen
Erdbeobachtungssatelliten "Aqua", vom 10.02.2014, 10:00 - 13:15 UTC,
finden Sie nebenstehend. Die
Südosthälfte Deutschlands und das Böhmische Becken sind mit Stratus-
und Stratocumuluswolken bedeckt, nur die höchsten Lagen von Harz,
Erzgebirge, Böhmerwald sowie die Alpen ragen aus der Bewölkung. Wegen
der Verdrängung der Luft beim Anströmen der Mittelgebirge von
Nordwest werden Schwerewellen angeregt, die sich im Muster der
Bewölkung ("undulatus") widerspiegeln. Durch adiabatische Erwärmung
beim Absinken kommt es im Lee teilweise zu Aufheiterungen.



© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD