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12. Januar 2015 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Wohin hat sich der Winter verzogen? - Ein Blick über den Tellerrand!

Ein Blick auf die Höchsttemperaturen vom gestrigen Sonntag, den 11. Januar 2015, zeigt schnell, dass nicht nur in Deutschland die Temperaturen derzeit überdurchschnittlich hoch ausfallen (vgl. Graphik 1).

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Die Orkantiefs "Elon" und "Felix" machten nicht über Südskandinavien
halt, sondern arbeiteten sich weit nach Osten bis in den sibirischen
Raum vor. Damit verbunden konnte sich eine ausgeprägte Zone tiefen
Luftdrucks von der Südspitze Grönlands bis zum Ural ausbilden.
Gleichzeitig konnte sich das Azorenhoch nach Westen und Osten
ausweiten und schließlich ein Gebiet von Neufundland über die
Iberische Halbinsel hinweg bis nach Griechenland einnehmen. Zwischen
den beiden markanten Druckgebilden herrscht eine kräftige westliche
Strömung vor, die milde Atlantikluft über West- und Mitteleuropa
hinweg bis nach Russland transportiert. Resultierend ist es in weiten
Teilen Europas wenig winterlich. Auf den Britischen Inseln sowie in
Mitteleuropa lagen die Höchstwerte am Sonntag, den 11. Januar 2015,
meist zwischen 0 und 10 Grad. Selbst in Polen, Weißrussland, der
Ukraine sowie dem Baltikum war es flächendeckend frostfrei. Auch
Moskau meldete leicht positive Temperaturen. Im Mittelmeerraum konnte
bei Temperaturen um 20 Grad sogar schon der Frühling begrüßt werden.
Doch wo hat sich der Winter mit Frost und Schnee versteckt? In Europa
gibt es derzeit nur eine Region, in der sich eine frostige
Winterlandschaft ausbreiten kann. Auf der Rückseite von Orkantief
"Felix", das sich mit Kern über dem Nordwesten Russlands befindet,
fließen kalte polare Luftmassen nach Nordskandinavien ein. Etwa
nördlich der Linie Reykjavik-Oslo-Stockholm-St. Petersburg-Volgoda
herrschte Dauerfrost. Für Temperaturen unter -20 Grad muss man sich
jedoch schon auf die nordwärtige Seite des Polarkreises begeben,
wobei etwa zwischen Tromso und Murmansk bei Höchstwerten teils unter
-40 Grad der Kältepol Europas zu finden ist.

Der Temperaturverteilung entsprechend sind nennenswerte Schneehöhen
in Mittel- und Südosteuropa lediglich im höheren Bergland zu finden.
Auch Polen ist weitgehend schneefrei. Vom Baltikum über Weißrussland
und der Ukraine hinweg bis zum Schwarzen Meer schmilzt die geringe
Altschneeauflage weiter dahin. Von Norwegen bis Russland ist dagegen
noch ausreichend Schnee vorhanden. Bei meist 10 bis 60 cm, im
Bergland teils auch deutlich über 100 cm, kann auf Hundeschlitten
oder Schneemobil als Fortbewegungsmittel zurückgegriffen werden (vgl.
Graphik 2).

Etwas kälter ist es derzeit in Nordamerika. Bei hohem Luftdruck von
Alaska über weite Teile Kanadas und der USA hinweg bis zur Ostküste
sickert kalte Luft, vor allem in den mittleren Regionen, weit nach
Süden ein. Allerdings kann bei Höchstwerten von etwa -15 Grad an der
Grenze zu Kanada und bis 25 Grad in Florida in den USA nicht von
einer Kältewelle gesprochen werden (vgl. Graphik 3). Lediglich nachts
fallen die Temperaturen bei vielerorts klarem Himmel tief in den
Keller. Dabei herrschen bis in den Norden Texas Nachtfröste. Im Raum
Washington ging es in der Nacht auf Sonntag auf Werte um -10 Grad
zurück. Im Bereich der großen Seen wurden Tiefstwerte von teils unter
-30 Grad registriert (vgl. Graphik 4).

Auch in den nächsten Tagen bleiben die derzeitigen Verhältnisse
erhalten. Während in Nordamerika weiterhin hoher Luftdruck dominiert
und dort bei der Jahreszeit entsprechenden Temperaturen für viel
Sonne sorgt, verbleibt Mitteleuropa und somit auch Deutschland weiter
in einer kräftigen westlichen Strömung, die weiterhin für stürmischen
Wind sorgt und auch milde Atlantikluft nach Osten transportiert. Der
vorläufige Höhepunkt wird dabei am morgigen Dienstag erreicht, an dem
im Südwesten und Süden die Höchsttemperaturen wieder bis nahe an die
15 Grad steigen können. Auch nachts ist es abgesehen von den Regionen
südlich der Donau frostfrei. Dafür muss im Norden und in der Mitte
wiederholt mit leichtem bis mäßigem Regen gerechnet werden. Erst zum
Wochenende hin könnte sich wieder typisches "Rückseitenwetter" mit
tiefen Temperaturen und Schnee teils bis in tiefe Lagen durchsetzen.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD