03. Januar 2015 | Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Schnellläufer Alexander
Im Jahr 2015 haben die Männer wieder die Ehre, ihre Namen mit den Tiefdruckgebieten zu teilen. Das erste Tief, dem das meteorologische Institut in Berlin in diesem Jahr einen Namen gegeben hat, ist gleich eine besonders interessante Tiefdruckvariante, nämlich ein Schnellläufer.
Ein Schnellläufer erhält seinen Namen aufgrund der Geschwindigkeit,
mit der er sich bewegt. Alexander erschien uns erstmals in der 6 Uhr
Analyse am Neujahrstag vor Neufundland und wird dann bis heute Abend,
wo er über Deutschland erwartet wird, gut 5000 km zurückgelegt haben.
D.h seine Geschwindigkeit betrug 5000km/84h ~ 60 km/h. Ein
klassisches Tief schafft während seiner Entwicklungszeit etwa 40 km/h
und wird dann immer langsamer.
Der typische Entstehungsort dieser Schnellläufer ist die Kaltfront
eines Muttertiefs, wenn dort bestimmte atmosphärische Bedingungen
erfüllt sind. Alexanders Muttertief heißt, da aus 2014 stammend, Lina
und erreicht gerade die Grenze zwischen Finnland und Russland. Es ist
innerhalb der letzten 84 Stunden nicht mal halb so schnell gezogen
wie Alexander. Die Kaltfront, an der sich der Schnellläufer
entwickelte, hat gestern ganz Deutschland teilweise mit
Glatteisunwettern überquert.
Viel Tempo in der Atmosphäre ist gleichzusetzen mit viel Aktion.
Da haben die Schnellläufer einiges zu bieten: Viel Wind und kräftige
Niederschläge.
Uns Meteorologen stellen sie vor große Probleme, nämlich die
"Nichtvorhersagbarkeit" im Sinne der Genauigkeit, die heutzutage
erwartet wird. So wissen wir nicht genau genug wann und wo der
Tiefausläufer über Deutschland hinwegziehen wird. Die
Wettervorhersagemodelle bekommen das auch nicht in den Griff, da das
Entstehungsgebiet in einer datenarmen Gegend liegt und sie daher mit
diversen wissenschaftlichen Kniffen dieses Datenvakuum auffüllen
müssen. Das machen die Modelle unterschiedlich und infolgedessen
berechnen alle Modelle verschiedene Intensitäten und Zugbahnen.
Das dicke T passt zu den Wolken und Niederschlagsfeldern, die kleinen
Ts zeigen, wo andere Modelle den Tiefkern zum gleichen Zeitpunkt
vorhergesagt haben.
Die maximale Differenz beträgt nahezu 500 km. Der Zeitunterschied
zwischen den verschiedenen Modellen beträgt also etwa 9 Stunden. Dass
die Niederschlagsgebiete je nach Modell anders angeordnet sind,
erleichtert uns die Arbeit auch nicht gerade. Auf dem Bild sehen wir
auch, dass es auf engstem Raum Übergänge zwischen Regen und Schnee
mit der dazugehörigen Warnproblematik gibt. Die unterschiedlichen
Windfelder kann man den Isobaren auf Facebook entnehmen.
Selbst jetzt, 30 Stunden nach der obigen Vorhersage und nur etwa 9
Stunden vor dem Durchzug von Alexander sind die Probleme noch immer
virulent; immerhin hat sich bei den verschiedenen Modellergebnissen
der Abstand des westlichsten und östlichsten Tiefkerns(Pfalz,
Westsachsen) auf 300 km verringert.
Wir müssen uns also heute auf viel Wind, Schnee(verwehungen), Regen,
vereinzelt mit Glatteis, und im Süden auf kurzzeitiges starkes
Tauwetter bis in die Gipfellagen einstellen; örtlich auf
Unwetterniveau.
Was wann und wo tatsächlich eintritt, werden wir, wie oben
beschrieben, erst relativ kurz vor dem Ereignis herausfinden und die
Kunden davor warnen können.
P.S. Aus aktuellem Anlass erscheinen erst morgen die Spitzenreiter
vom Dezember 2014.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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