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21. Dezember 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Im Auge des Sturms - Winterstürme und die Folgeschäden

Wenn der Herbst als Übergangsjahreszeit zum Winter Einzug hält, steigt die Gefahr von Stürmen. Das Auftreten und die Entwicklung sind stark von den meteorologischen Rahmenbedingungen abhängig.

Günstige Bedingungen sind dabei ein starker Temperaturgegensatz sowie entsprechend eine starke zonale (von Westen nach Osten gerichtete) Strömung über dem Atlantik. Liegt nun das Tief auch noch optimal zu den Höhenwinden (am linken Ausgangsbereich des Jet-Streams) und kann genügend warme und feuchte subtropische Luft ansaugen, steht einer Entwicklung zum Sturmtief nur noch wenig im Wege. Jedoch sollte über dem östlichen Nordatlantik oder Westeuropa auch kein störendes Hochdruckgebiet die Tiefdruckgebiete auf der Zugbahn nach Mitteleuropa blockieren. Da nicht jedes Jahr diese Voraussetzungen erfüllt sind, treten häufig auch ruhigere und dann meist auch kältere Winter auf.

Sturmschaden durch den Orkan Kyrill 2007
Sturmschaden durch den Orkan Kyrill 2007


Als Winterstürme werden Sturmereignisse zwischen Oktober und März
bezeichnet. Diese stellen durch ihre erheblichen Schäden für die
gesellschaftlichen und ökonomischen Bereiche ein sehr großes
Naturrisiko dar. Auch für die Versicherungswirtschaft sind Stürme,
gemessen an der Häufigkeit von Schadenereignissen, der betroffenen
Gesamtfläche und dem Schadenausmaß eine der bedeutendsten Gefahren.
Bis zu 80% der versicherten Schäden entfallen auf dieses
Naturereignis. Im Jahre 2012 wurden weltweit 903 Naturkatastrophen
registriert. Davon konnten 45% der Naturgefahr Sturm zugeordnet
werden, welche wiederum 68% der versicherten Schäden in Höhe von
insgesamt 70 Mrd. US$ ausmachten. In Deutschland sorgten 2012
insgesamt 21 Sturmereignisse für große Schäden. Der vieljährige Trend
zeigt zwischen 1970 und 2012 bei den Winterstürmen unter
Berücksichtigung der absoluten Zahlen einen Anstieg um etwa 50%. Die
versicherten Schäden stiegen im gleichen Zeitraum auf das Dreifache.
Herausragende Winterstürme in der Vergangenheit waren Sturm Kyrill
(18.01.2007), Sturm Jeanett (27.10.2002) und Sturm Lothar
(25.12.1999) sowie die Sturmserie Anfang 1990 mit Daria, Herta,
Vivian und Wiebke. Allein Kyrill kostete die Versicherungsunternehmen
5-7 Milliarden Euro, wovon wiederum 2,1 Milliarden Euro auf
Deutschland entfielen (Münchner Rück). Jeanett und Lothar sowie die
Sturmserie in den 90ern verursachten ebenfalls Schäden oberhalb der
Milliardengrenze.

Im Jahre 2013 richteten entgegen des Trends Naturkatastrophen
weltweit weniger Schaden an. Insgesamt wurden 2013 880
Naturkatastrophen gezählt, die Gesamtschäden von 125 Milliarden
Dollar nach sich zogen. Dies wiederum waren etwa 27% weniger als im
Jahre 2012. Jedoch verloren mehr als 20 000 Menschen ihr Leben.
Herausragend war diesbezüglich der Taifun "Haiyan", der über die
Küstenstadt Tacloban, Philippinen hinweg zog und alleine über 6000
Todesopfer forderte. Auch die versicherten Schäden konnten im Jahre
2013 mehr als halbiert werden, wobei sich jedoch für die Versicherer
die teuersten Katastrophen in Deutschland ereigneten. Zu nennen sind
dabei die Hagelstürme im Juli mit etwa 3,7 Milliarden Dollar sowie
diverse Überschwemmungen mit ca. 3 Milliarden Dollar.


Nach Aussagen der Münchner Rück war auch das erste Halbjahr von 2014
von einer nur geringen Schadenlast geprägt. Sowohl die
gesamtwirtschaftlichen Schäden mit etwa 42 Milliarden US Dollar als
auch die versicherten Schäden von 17 Milliarden US Dollar blieben
erheblich unter den durchschnittlichen Werten der letzten 10 Jahre.
Auch die Anzahl der Todesopfer konnte signifikant zurückgehen. Für
das zweite Halbjahr 2014 sollte jedoch wieder ein Ansteigen der
Naturkatastrophen beobachtet werden. Schon der zu schweren Gewittern
neigende Sommer in Mittel- und Südeuropa brachte große Schäden durch
Hagel, Überschwemmungen und Sturzfluten hervor. Dauer- und Starkregen
entlang der nördlichen Mittelmeerküste sowie an der Alpensüdseite
setzte ganze Landstriche unter Wasser. Vielerorts fiel in wenigen
Wochen der komplette Jahresniederschlag. Zudem verwüsteten Windhosen
oder kleine Tornados lokal Ortschaften und Wälder, wie z.B. im Fall
von Bad Schwalbach im Taunus.

Im November und Dezember nahmen dann auch wieder die atlantischen
Tiefdruckgebiete Fahrt auf. Nach prächtiger Entwicklung zum Sturm-
oder Orkantief mit teilweise Rekord verdächtigtem Kerndruck
erreichten sie die Britischen Inseln und im weiteren Verlauf
Skandinavien. Auch Frankreich und Deutschland kamen bzw. kommen dabei
wiederholt in deren Starkwindfeld. Vertikale Umlagerungen führen dann
teilweise bis ins Flachland zu schweren Sturmböen oder orkanartigen
Böen. Den Anfang machte der ehemalige Wirbelsturm "Gonzalo", der von
den Britischen Inseln über die Nordsee und Deutschland hinweg nach
Südosten zog. Die zugehörige Kaltfront zog unter Intensivierung,
teils mit kräftigen Schauern, Blitz und Donner rasch nach Südosten.
Dabei kam es in den Nachmittags- und Abendstunden von Luxemburg und
Nordrhein-Westfalen, über Rheinland-Pfalz und das Saarland bis nach
Hessen selbst in den Niederungen zu Windböen der Stärke 10 (schwerer
Sturm) bis 11 (orkanartiger Wind). Größe Schäden waren die Folge. Im
weiteren Verlauf waren vor allem die Sturm- bzw. Orkantiefs
"Alexandra" und "Billie" am 11/12. Dezember zu nennen, die im
Bergland Wind in Orkanstärke (teils über 150 km/h), aber auch im
Tiefland stürmische Böen oder Sturmböen brachten.

Auch weltweit wurde für das zweite Halbjahr mit Eintreten eines
moderaten El-Niño Ereignisses eine Zunahme der Naturkatastrophen
prognostiziert. Während die Hurrikan-Aktivität im Nordatlantik in
solchen Fällen abnimmt, muss mit einer Zunahme der Tornado-Aktivität
gerechnet werden. Gleichermaßen kommt es im Pazifik häufig zu einer
verstärkten Taifun-Entwicklung, was sich schon durch den
schadenreichen Taifun Hagupit bestätigte.

In den kommenden Tagen bleibt die Atmosphäre aktiv. Auf dem Atlantik
entwickeln sich weiterhin zahlreiche Tiefdruckgebiete, die mit einer
teils kräftigen westlichen Strömung ostwärts geführt werden. Bei
wechselhaftem, windigem bis stürmischem Wetter bleibt es recht mild,
sodass ein Wintereinbruch bis ins Tiefland noch außer Sichtweite
bleibt. Nur kurzzeitig kann sich wohl eine nördliche Strömung
einstellen, die ab Freitag zumindest den höheren Lagen etwas Schnee
bringen sollte.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: Manuel Krueger-Krusche