29. November 2014 | Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Hochdruck im Spätherbst
Eine "antizyklonale Südostlage" (wiss. Abkürzung SEa) hat sich eingestellt, wobei "antizyklonal" für "hochdruckbeeinflusst" steht, denn das umfangreiche Hochdruckgebiet ROBIN mit Schwerpunkt über dem Baltikum und Russland ist stark genug um atlantische oder mediterrane Tiefausläufer von Mitteleuropa zunächst noch fern zu halten.
In Bodennähe wehen südöstliche bis östliche Winde (Kaltluftzufuhr aus östlichen Richtungen), in den Luftschichten darüber zunächst südliche, dann westliche Winde (Advektion warmer Luft). Wäre jetzt Sommer, so hätten wir Sonnenschein pur und müssten vielleicht sogar mit einer Hitzewelle rechnen.
Jedoch im Winterhalbjahr sind derartige Hochdruckwetterlagen
ambivalent. Einerseits sorgt vertikal absinkende, unter höheren Druck
gelangende und sich durch Kompression adiabatisch erwärmende Luft
prinzipiell für Bewölkungsauflösung und damit sonniges Wetter.
Andererseits ist die Strahlungsbilanz der Erdoberfläche wegen des
tiefen Sonnenstandes und der langen Nächte in unseren Breiten
deutlich negativ. Die absinkende und sich erwärmende Luft trifft also
auf eine kalte Grundschicht.
In der Folge beobachtet man im vertikalen Temperaturverlauf in der
Atmosphäre vom Erdboden ausgehend zunächst den üblichen
Temperaturrückgang mit zunehmender Höhe, bevor die Temperatur
plötzlich stark ansteigt. Diese "Temperaturumkehr" nennt man
"Inversion". Weiter oben sinkt die Temperatur erneut, und zwar durch
die gesamte Troposphäre hindurch, bis bei Erreichen der Tropopause
eine erneute Temperaturumkehr oder wenigstens vertikale Isothermie
einsetzt.
Von oben hat der #Hochnebel was faszinierendes, wie hier in Funtenseetauern. Quelle: http://t.co/P8SFhHrvnd pic.twitter.com/WWcdFKMtYR
— Servus Wetter (@servuswetter) 25. November 2014
Inversionen fungieren allgemein als Sperrschichten, sie verhindern
den vertikalen Austausch. In der atmosphärischen Grundschicht
reichern sich unterhalb von Inversionen Kondensationskeime und
Wasserdampf an. Durch nächtliche Ausstrahlung kann sich die Luft
unter den Taupunkt abkühlen und der Wasserdampf kondensiert. Somit
bildet sich am Boden Nebel, in der Höhe unterhalb der Absinkinversion
entstehen Schichtwolken (Stratus) bzw. Hochnebel.
Wegen der geringeren Intensität der solaren Strahlung zu dieser
Jahreszeit lösen sich Nebel und Hochnebel am Vormittag oftmals nur
zögernd, z. T. auch gar nicht auf. Dann kann vor allem in den
Niederungen tagelang trübes und nasskaltes Wetter herrschen, oberhalb
der Inversion, etwa in Gipfellagen des Berglandes, dagegen klarer
Himmel mit guter Fernsicht und milden Temperaturen.
Die heutige Inversion ist vor allem im Westen und Südwesten
Deutschlands sehr gut ausgeprägt und liegt teilweise in über 1000 m
Höhe. So beträgt die aktuelle Temperatur um 10:00 UTC auf dem
Feldberg im Schwarzwald (Stationshöhe 1489 m) 12,7 °C bei knapp 10 km
Sichtweite, während es auf dem Kleinen Feldberg im Taunus (825 m
Höhe) bei Nebel nur -1,8 °C sind.
Eine graphische Darstellung des vertikalen Verlaufes meteorologischer
Größen, ein sog. thermodynamisches Diagramm, finden Sie nebenstehend. Die Daten wurden über
Stuttgart von einem Airbus A319 der Germanwings (D-AKNS, Flug 4U2014)
registriert, der dort um 06:40 MEZ startete und um 07:38 MEZ in
Berlin-Tegel landete. Der Datensatz ganz unten charakterisiert das
Maximum der Inversion in 1237 m Höhe über dem Meeresspiegel.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: DWD
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