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23. Oktober 2014 | Praktikantin Amelie Mayer mit Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Wenn das Christkind Plätzchen backt

Es ist zwar noch nicht Weihnachten (auch wenn man die "Schoko-Nikoläuse" schon seit September im Supermarkt kaufen kann), aber trotzdem kann man ein bestimmtes Himmelsphänomen das ganze Jahr über immer mal wieder beobachten: das "Christkind backt Plätzchen".

Wie kommt es zu diesem wunderbaren Lichtspektakel in der Dämmerung
wie man es in Bild A und B bewundern kann? Und warum ist der Himmel eigentlich
blau?

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Wenn wir tagsüber vor die Tür gehen, wundern wir uns nicht darüber,
dass uns der Himmel auch aus den Richtungen hell erscheint, aus denen
kein direktes Sonnenlicht in unser Auge fällt. Selbstverständlich ist
das allerdings nicht, denn wie man es von Fotos aus dem Weltraum
kennt, ist es über dem Mond auch tagsüber schwarz wie die Nacht.
Der Unterschied zwischen unserem Planeten und dem Mond liegt darin,
dass die Erde von einer Atmosphäre aus Gasteilchen (vor allem
Stickstoff und Sauerstoff) umgeben ist. An diesen Gasteilchen (man
sagt auch "Gasmoleküle") wird das Sonnenlicht auf dem Weg zum
Betrachter in alle Richtungen gestreut, also von seiner
ursprünglichen Bahn abgelenkt. So kann es auch auf Umwegen in unser
Auge gelangen.

Diese Lichtstreuung ist vor allem dafür verantwortlich, dass der
Himmel tagsüber blau ist. Das Licht, das von der Sonne aus
wellenförmig auf die Erde fällt, nehmen wir als weiße Strahlung wahr.
Es besteht aber eigentlich aus vielen verschiedenen Farben
(Spektralfarben), die zum Beispiel im Regenbogen sichtbar werden. Die
Farbunterschiede werden durch die verschiedenen Wellenlängen der
Lichtstrahlen hervorgerufen. Blaues Licht hat eine viel kürzere
Wellenlänge von etwa 450 Nanometer als rotes von etwa 650 Nanometer.
Der englische Physiker Lord Rayleigh (alias John William Strutt)
erkannte als erster, dass die Streuung an den Gasteilchen
wellenlängenabhängig ist: blaues Licht wird 16-mal stärker gestreut
als rotes. Da das gesamte vom Himmel kommende Licht diffuses
(gestreutes) Licht ist und das Blaue viel stärker als alle anderen
Farben gestreut wird, sehen wir den Himmel blau.

Dass der Himmel am Tag nicht immer in seinem schönsten Blau
erstrahlt, sondern oft trüb oder grau ist, liegt daran, dass sich in
der Atmosphäre neben den sehr kleinen Luft- und Wasserdampfmolekülen
auch größere Teilchen wie Staubpartikel und Wolkentröpfchen befinden.
Die Streuung an diesen Teilchen ist, je nach Partikel- oder
Tröpfchengröße, kaum oder gar nicht wellenlängenabhängig, d.h.
ankommendes weißes Licht wird in alle Richtungen als weißes Licht
gestreut. Deswegen sind Wolken meistens weiß.
Dass wir immer wieder romantische rotgefärbte Sonnenuntergänge (wie
diesen im Bild C) erleben dürfen, haben wir auch der
Rayleigh-Streuung zu verdanken. Wenn die Sonne am Horizont untergeht,
muss jeder einzelne Sonnenstrahl einen deutlich längeren Weg durch
die Atmosphäre zurücklegen als tagsüber. Von dem von der Sonne
ausgestrahlten Licht wird das kurzwellige Licht, also vor allem der
Blau- und Grünanteil, so stark weggestreut, dass im Strahl, der den
Betrachter am Boden erreicht, nur noch die Orange- und Rottöne übrig
bleiben.

Wenn das "Christkind mal wieder Plätzchen backt", erscheint nicht nur
die Sonne und der Horizont, sondern der ganze Abendhimmel in
leuchtenden Rottönen (siehe Bild A und B). Das ist dann der Fall,
wenn die Atmosphäre viel Staub enthält oder sehr feucht ist. Das rote
Licht von der Sonne wird an den vielen größeren Wasserdampf- oder
Staubpartikeln gestreut und lässt den ganzen Himmel erstrahlen.

Vielleicht wundert es einige von Ihnen, dass man auch noch nach
Sonnenuntergang manchmal einen tiefblauen Himmel beobachten kann (wie
in Bild D oben). Wie kann das sein, wo doch das blaue Licht durch die
Streuung gar nicht erst in unser Auge gelangt? Grund für die "blaue
Stunde" (so bezeichnet man das tiefblaue Leuchten des Himmels in der
Dämmerung) ist nicht die Rayleigh-Streuung, sondern ein anderer
Effekt: die Absorption (Aufnahme) von Licht durch Ozon. Werden
Ozonteilchen mit Licht bestrahlt, dann absorbieren sie den Orange-
und Rotanteil des Lichts, das blaue Licht lassen sie ungehindert
durch. Die Ozonschicht, die sich in 20 bis 30 km Höhe (Stratosphäre)
in der Atmosphäre befindet, wirkt also als "Farbfilter". Bei
Sonnenuntergang ist der Weg für das Licht durch die Ozonschicht lang
genug, sodass die Absorption durch Ozon ausreicht, um den Himmel blau
einzufärben.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD