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22. Oktober 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

"Gonzalo" bringt den Herbst mit all seinen Facetten

Mit den heutigen Ausführungen soll der Schlussakt aus dem gestrigen "Thema des Tages" aufgegriffen und nun im Nachgang detaillierter untergliedert werden. Nachdem uns die Kaltfront von Sturmtief Gonzalo nach Osten verlassen hat und rückseitig das Land mit kalter Luft polaren Ursprungs flutete, hat der Herbst nun überall Einzug gehalten.

Während in den letzten Wochen lediglich der teils zähe Nebel an den Herbst erinnerte, brachte bzw. bringt "Ex-Gonzalo" gleich sämtliche Wettererscheinungen der dritten Jahreszeit hervor (siehe dazu auch die Graphik). Mit diesem beschäftigt sich im Folgenden der 5. und somit für dieses Theaterstück letzte Akt.

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5. und letzter Akt: "Gonzalo und der Herbst in all seinen Facetten"

Mit dem Durchzug von Gonzalos Kaltfront (erster Höhepunkt) drehte der
Wind auf west- bis nordwestliche Richtung und lebte stark bis
stürmisch auf. Dabei wurden durch einen großen Luftdruckunterschied
zwischen "Ex-Gonzalo" und einem Hochdruckgebiet über dem Ostatlantik
mittlere Windgeschwindigkeiten zwischen 25 und 50 km/h, in
Süddeutschland teilweise auch bis 60 km/h erreicht. Die
Spitzenwindgeschwindigkeiten (Böen) lagen jedoch häufig um das
Doppelte höher. Durch die teils linienartig angeordneten kräftigen
Schauer und Gewitter konnte die starke Höhenströmung, die in etwa
1500 m Höhe Windgeschwindigkeiten von teils deutlich über 100 km/h
aufwies, "angezapft" und zum Boden heruntergemischt werden. Die Folge
waren vor allem in Süddeutschland maximale Windgeschwindigkeiten in
Orkanstärke.

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Die höchsten Windgeschwindigkeiten im offiziellen
Messnetz des DWD ohne Berücksichtigung der Bergstationen wurden in
Stuttgart (Schnarrenberg) mit 122 km/h (Bft 12) und
Stimpfach-Weipertshofen (Baden-Württemberg) mit 119 km/h (Bft 12)
gemessen. Orkanartige Böen (Bft 11) fegten beispielsweise auch über
Lindau (112 km/h) sowie die bayerischen Städte Harburg (112 km/h) und
Feuchtwangen-Heilbronn (112 km/h). Im Bergland erreichten die Böen
auf dem Feldberg im Schwarzwald mit einer maximalen
Windgeschwindigkeit von 148 km/h (Bft 12) den höchsten Wert, gefolgt
von der Hornisgrinde im Nordschwarzwald (115 km/h) und Klippeneck in
der Schwäbischen Alb (115 km/h). In der sich rückseitig einstellenden
kräftigen nordwestlichen Strömung legte vor allem auch an der Küste
der Wind nochmals zu. Während am gestrigen Dienstag, dem 21. Oktober,
dort lediglich Windgeschwindigkeiten bis 79 km/h (Bft 9) auf
Norderney gemessen wurden, lebten diese in der Nacht deutlich auf und
erreichten gegen Morgen (zweiter Höhepunkt)
Spitzenwindgeschwindigkeiten von 115 km/h (Bft 12) in der Deutschen
Bucht. Auch im Binnenland wird in Schauernähe tagsüber wieder mit
stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet.


Neben starkem bis stürmischem Wind führte "Ex-Gonzalo" auch kalte
Luft nach Deutschland, sodass die Temperaturen auf Talfahrt gingen.
Wurden am Montag selbst im höheren Bergland noch Höchstwerte von über
14 Grad erreicht, so werden die Tageshöchsttemperaturen am heutigen
Mittwoch verbreitet um 5 und 10 Grad, im Süden teilweise sogar um 15
Grad niedriger ausfallen. Schon in der Nacht zeigten lediglich die
Thermometer an der See noch Temperaturen im zweistelligen Bereich.
Ansonsten lagen die Tiefstwerte meist zwischen 7 und 2 Grad, im
Bergland wurde es oberhalb von etwa 1000 Metern sogar frostig. Da der
Temperaturrückgang auch mit kräftigen Niederschlägen einherging,
zeigten sich am Morgen einzelne Bergspitzen in Weiß. So fielen auf
dem Brocken bis heute 8 Uhr 3 cm Neuschnee. Auch auf der Wasserkuppe
konnte in den Morgenstunden eine geschlossene Schneedecke von 1 cm
gemessen werden. Schon deutlich mehr liegt auf der Zugspitze, die
immerhin 15 cm meldete. Auch im heutigen Tagesverlauf wird es
oberhalb von etwa 700 bis 900 Meter wiederholt Schnee- oder
Graupelschauer geben. In den Staulagen von Erzgebirge, Bayerischem
Wald und den Alpen schneit es sogar länger anhaltend. In den Alpen
können bis Freitag oberhalb von 1200 m lokal Schneemengen bis zu
einem Meter zusammenkommen. Ansonsten sollte sich oberhalb von 1000
Metern allerdings nur kurzzeitig eine geringe Schneedecke ausbilden
können.


Unterhalb der Schneegrenze fiel bzw. fällt der Niederschlag weiterhin
in flüssiger Form. An den nördlichen Berghängen der Mittelgebirge und
der Alpen bleiben die Regenwolken hängen und es regnet länger
anhaltend und schauerartig verstärkt. Dabei fallen vor allem in den
östlichen Mittelgebirgen und am Alpenrand bis Freitagmorgen
vielerorts zwischen 50 und 90 Liter pro Quadratmeter, an den Alpen
lokal sogar bis 120 Liter.

Ansonsten beruhigt sich das Wetter ab Donnerstag von Nordwesten her
spürbar. Die Niederschläge klingen ab und der Wind lässt nach.
Nachfolgend bekommt dann wieder der typische herbstliche zähe Nebel
eine Chance, der weite Teile Deutschlands in eine graue Hülle taucht
und sich gebietsweise kaum auflösen wird..


© Deutscher Wetterdienst