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10. Oktober 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Tief Katrin bringt Deutschland gleich drei gefühlte Jahreszeiten!

Das Wetter in Deutschland zeigte sich in den letzten Tagen, wie auch heute sehr differenziert. Während sich die Bürger im Küstenumfeld bei einem windigen Mix aus Sonne und Wolken mit Schauern sowie auch einzelnen Gewittern in den April zurückversetzt sahen, haben im Süden und Südosten ein fast wolkenloser Himmel und sommerliche Temperaturen zu vollen Biergärten und Liegewiesen geführt.

Dazwischen in einem breiten Streifen vom Saarland und Rheinland-Pfalz über Hessen und Thüringen hinweg bis nach Brandenburg ist das gefühlte Jahr dagegen schon etwas vorausgeeilt. Teils länger anhaltender Regen und dichte Wolken wirken dort dunkel und kalt wie im tiefsten November.


Verantwortlich für diesen doch sehr unterschiedlichen Wettercharakter
ist das ausgeprägte und großräumige Tiefdrucksystem Katrin mit Kern
bei den Britischen Inseln. Im Zusammenspiel mit Hoch Nikolai mit
Zentrum über Russland, dessen Einfluss bis nach Süditalien reicht,
hat sich über Deutschland eine kräftige südwestliche Strömung
eingestellt. In diese ist eine Luftmassengrenze (Front) eingebunden,
die sich wiederkehrend leicht wellt, sich allerdings bis auf geringe
räumliche Abweichungen quasistationär von der Iberischen Halbinsel
über Zentralfrankreich und der Mitte Deutschland hinweg bis in die
Ostsee erstreckt. Diese Luftmassengrenze trennt sehr warme Luft im
Südosten von kühlerer Luft im Nordwesten des Landes.

Luftmassengrenze am gestrigen Donnerstagnachmittag
Luftmassengrenze am gestrigen Donnerstagnachmittag


Als Luftmassengrenze oder auch Front bezeichnet man einen mehr oder
weniger breiten Übergangsbereich (20 bis 200 km) zwischen zwei
Luftmassen. In den Wetterberichten findet der Begriff
Luftmassengrenze häufig Verwendung, wenn sich ein Frontenverlauf von
einer ursprünglich senkrecht zur Strömung befindlichen Lage in eine
strömungsparallele Lage umwandelt. Als Folge dessen können an einer
solchen Luftmassengrenze, je nachdem, welche der beiden parallel
zueinander fließenden Luftmassen gegen die andere vordringt bzw.
aktiv wird, abwechselnd Kalt- und Warmfrontabschnitte, also
sogenannte Wellen, auftreten.

Da bei strömungsparalleler Frontlage (quasistationäre
Luftmassengrenze) die von den wetteraktiven Prozessen betroffenen
Gebiete über einen längeren Zeitraum mit Niederschlägen versorgt
werden, kann dies dort ggf. zu Überschwemmungen führen.

Auch Tief Katrin mit deren quasistationären Frontenlage sorgt entlang
dieser für länger anhaltende und schauerartig verstärkte
Niederschläge. Seit Dienstag, den 07. Oktober fielen vor allem in
einem Streifen zwischen Eifel und Pfälzer Wald über Hessen,
Nordrhein-Westfalen, Thüringen und das südliche Niedersachsen hinweg
bis nach Mecklenburg größere Niederschlagsmengen. Innerhalb von 72
Stunden wurden verbreitet über 25 Liter pro Quadratmeter gemessen.
Vor allem vom Rothaargebirge bis nach Luxemburg fielen vielerorts
sogar über 45 Liter (siehe Graphik). Spitzenreiter war dabei die
Station Bad Berleburg (Nordrhein-Westfalen, Kreis
Siegen-Wittgenstein) mit insgesamt 73,4 Litern pro Quadratmeter.
Gefolgt von Battenberg an der Eder (Hessen, Waldeck Frankenberg) mit
71,6 Litern und Driedorf (Hessen, Lahn-Dill-Kreis) mit 71 Litern.
Diese hohen Niederschlagsmengen führten dazu, dass die Flüsse nach
doch eher trockenen Vormonaten wieder gut gefüllt sind. Besonders an
den Oberläufen kleinerer Flüsse kam es auch zu leichten
Überschwemmungen.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Nicht weit entfernt von dieser Luftmassengrenze mit Ihren
Niederschlägen hat es die Menschen in Bayern und Teilen
Baden-Württembergs bei wolkenlosem Himmel in die Biergärten gezogen.
Südöstlich von Main und Neckar ist sehr warme Luft eingeflossen, die
mit Föhnunterstützung für sommerliche Höchstwerte sorgte. Den
Höhepunkt erreichten die Temperaturen am gestrigen Donnerstag, an dem
sie im Süden verbreitet auf über 24 Grad anstiegen. Die höchsten
Werte in Deutschland zeigten die Thermometer in Notzingen
(Baden-Württemberg) und Sachsenheim (Baden-Württemberg) mit 27,2 bzw.
27.1 Grad an. Nur geringfügig niedrigere Temperaturen wurden bei rund
27 Grad im Alpenvorland zwischen München und Kiefersfelden gemessen.
Auf Österreicher Seite schlug der Föhn sogar noch deutlicher zu. Dort
stieg die Temperatur in Bregenz auf beachtliche 28,2 Grad an.
Gleichzeitig mussten jedoch die Menschen im Regen entlang der
Luftmassengrenze mit Werten um 16 Grad leben. So ungerecht kann das
Wetter sein. Doch im Jahresmittel gleicht sich doch meistens alles
wieder aus.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD