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08. September 2014 | Dipl.-Met. Marcus Beyer

Schon wieder Ostern

Es könnte alles so schön sein. Über dem Norden von Europa entwickelt sich im Laufe der Woche ein umfangreiches Hochdruckgebiet, das von den Britischen Inseln über Skandinavien bis nach Westrussland reicht.

Dadurch dreht die Strömung auf nordöstliche Richtungen, sodass
atlantische Tiefausläufer keine Chance haben auf Deutschland
überzugreifen. Nach dem (spät)sommerlichen Wochenende könnte sich
also das freundliche Wetter fortsetzen und der erste Herbstmonat
würde den eher tristen August etwas aufwiegen.


Immer, wenn man Sätze im Konjunktiv schreibt, ahnen die Leser aber
schon, dass da noch etwas kommen muss. Das oben Gesagte entwickelt
sich zwar genau so, wie eben beschrieben, allerdings ist dies nur die
halbe Wahrheit. So ging es bisher nur über die Wetterentwicklung in
Bodennähe. Um das Wetter vorherzusagen, bedarf es allerdings einer
Berücksichtigung aller Atmosphärenschichten. Man muss also auch
schauen, was sich in höheren Sphären tut. Ganz speziell schauen wir
einfach mal auf eine Druckfläche von 500 hPa. Das machen wir
Meteorologen sehr gern, dass wir statt festen Höhen Druckflächen
verwenden. Die 500-hPa-Fläche liegt etwa auf einer Höhe von 5600 m
stellvertretend für die mittleren Atmosphärenschichten.

Liegt nun die 500-hPa-Fläche in bestimmten Regionen niedriger als in
der Umgebung, so ist das normalerweise auch gleichzusetzen mit tiefem
Luftdruck am Boden. Wagen wir nun den Blick auf den kommenden
Donnerstag, dann sieht man, dass über dem Osten von Deutschland die
500 hPa Fläche recht niedrig liegt. Dort wird also ein
Tiefdruckgebiet in der Höhe vorhergesagt. Wir Meteorologen sprechen
dann von einem Höhentief.

In der Regel steht ein in der Höhe befindliches Tief auch immer in
Verbindung mit einem Tiefdruckgebiet am Boden. Oder anders gesagt:
Die Bildung von Bodentiefs wird gesteuert von der Entwicklung in den
mittleren und höheren Atmosphärenschichten und damit eben auch von
den Höhentiefs. Manchmal kann es aber auch vorkommen, dass man trotz
eines Tiefs in der Höhe, in den Bodenwetterkarten nur flache oder gar
keine Gebiete mit tiefem Luftdruck findet. Ist dies der Fall, dann
bezeichnen wir solche Höhentiefs mit dem Namen "Kaltlufttropfen". Die
Bezeichnung kommt daher, dass sich diese in den mittleren und höheren
Luftschichten befindlichen Tiefs vor allem durch eine eingebettete
kalte Luftmassenblase auszeichnen. Diese Höhenkaltluft verursacht als
Kaltlufttropfen häufig Schauer und auch Gewitter. Dementsprechend ist
dies auch das vorherrschende Wetterthema in den betroffenen Gebieten.


Derzeit befindet sich das Höhentief über der Nordsee und kann auch
noch nicht als Kaltlufttropfen bezeichnet werden, da sich am Boden
korrespondierend Tief BIGI befindet. Während sich BIGI im
Wochenverlauf abschwächt, bleibt das Tief in der Höhe fit und
verlagert sich bis zum Donnerstag ganz allmählich in den Osten
Deutschlands.

Zum Vergrößern bitte klicken
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Und was hat das nun mit Ostern zu tun? Der aufmerksame Leser des
"Thema des Tages" weiß es bestimmt. Diese Kaltlufttropfen sehen auf
den Wetterkarten der Meteorologen immer aus wie kleine runde oder
ovale Ostereier, die zudem noch die Eigenschaft haben können, recht
unkoordiniert von A nach B zu "eiern". Das wiederum ist recht
schwierig vorherzusagen. Dementsprechend ist auch im Detail noch
nicht klar, welche genaue Zugbahn der Kaltlufttropfen im weiteren
Verlauf nehmen wird und wie kräftig er dabei bleibt.

Wie dem auch immer sei, fest steht: Trotz des "tollen" Hochs nördlich
von uns und der nordöstlichen Strömung wird es im Wochenverlauf wohl
nur in wenigen Gebieten Deutschlands für lupenreines Spätsommerwetter
reichen und auch das Temperaturniveau geht wieder zurück. Die
Hoffnung auf Altweibersommer darf aber durchaus bestehen bleiben,
denn ein Skandinavienhoch ist viel beständiger, als irgendein
"herumeierndes Kaltluftei".


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD