28. August 2014 | Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Wirbelsturm Cristobal auf dem Weg nach Europa
Nach Wirbelsturm Bertha macht sich wieder ein Hurrikan auf den Weg nach Europa. Hurrikan Cristobal befindet sich derzeit vor der Ostküste Amerikas und wird von der "National Oceanic and Atmospheric Administration" (NOAA) einem der Wetterdienste der USA als Hurrikan der Stufe 1 auf der Saffir-Simpson Skala geführt.
Anstatt in Richtung amerikanisches Festland weiter zu ziehen, bewegte er sich jedoch mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h in nordnordöstliche Richtung. Im direkten Umfeld erreicht das Windfeld von Hurrikan Cristobal derzeit maximale Windgeschwindigkeiten von teilweise über 120 km/h. Dabei transportiert er vorderseitig sehr warme und feuchte Luft nach Norden.
Auch auf seiner weiteren Zugbahn, die ihn den Prognosen zufolge an
der Südspitze Neufundlands vorbei in Richtung Island führt, wird
Cristobal voraussichtlich bis weit auf den Atlantik hinaus mit dem
Status eines Hurrikans versehen bleiben. Dabei wandelt sich Cristobal
jedoch zunehmend in ein außertropisches Sturmtief um (siehe dazu auch
die Graphik). Damit
lässt die Rotationsgeschwindigkeit des Systems etwas nach, sodass die
Windgeschwindigkeiten zunächst bei "nur noch" um 100 km/h liegen
sollten.
Über das Wochenende hinweg wird er von der westlichen Höhenströmung
eingefangen und nach Osten geführt. Damit verbunden nimmt die
Verlagerungsgeschwindigkeit Fahrt auf. Durch zyklogenetische Prozesse
(verstärkende Prozesse eines Sturmtiefs) kann zudem der Kerndruck
weiter absinken. Für weiterreichende und detaillierte Informationen
über die Umwandlung von Hurrikans in außertropische Sturmtiefs können
Sie das Thema des Tages vom 9. August ("Die wandelbare BERTHA) lesen.
Global Hawk drone flies 22-hour mission into #Hurricane #Cristobal. @NASA http://t.co/skokzcYXzc pic.twitter.com/F0PqYTzJcd
— John Morales (@JohnMoralesNBC6) 28. August 2014
In der Nacht auf Montag soll sich der ehemalige Hurrikan Cristobal
mit einem Kerndruck um 970 hPa westlich von Island befinden. Bis
dahin sind die Prognosen der deutschen Modellkette und des
Globalmodells des Europäischen Zentrums für mittelfristige
Wettervorhersage (ECMWF) bezüglich Intensität und Zugbahn noch nahezu
identisch. Erst in der Folge nehmen die Unterschiede zwischen den
Modellen wieder, teils deutlich, zu. Während im Globalmodell des
Deutschen Wetterdienstes (GME) die ostwärtige Verlagerung von
Cristobal durch ein ausgeprägtes und quasi stationäres
Hochdruckgebiet über Skandinavien frühzeitig abgebremst wird und er
nachfolgend an der Ostküste Islands vorbei nach Norden wandert, lässt
das europäische Globalmodell (EZ) den ehemaligen Hurrikan weiter nach
Osten bis zur Küste Norwegens vordringen, bevor er ebenfalls nach
Norden eindrehen soll.
Diese Differenzen haben jedoch keinen größeren Einfluss auf das
Wetter in Deutschland. Lediglich für Skandinavien und dort vor allem
für Norwegen sind die Modellunterschiede bezüglich der zu erwartenden
Niederschlagsmenge und Windgeschwindigkeiten von erheblicher
Bedeutung.
Da Cristobal mit hoher Wahrscheinlichkeit das europäische Festland
wesentlich weiter nördlich als der ehemalige Wirbelsturm "Bertha"
trifft, bleiben West- und Mitteleuropa weitgehend von seinen
Auswirkungen verschont. Stattdessen kann auf der Südflanke der
Zugbahn von Cristobal das Azorenhoch weit nach Osten vordringen und
teilweise sogar eine Brücke zum Russlandhoch bilden. Nachfolgend
würde sich in weiten Teilen Deutschlands eine Wetterberuhigung
durchsetzen. Lediglich im Umfeld der Ostsee sowie im Osten gibt es
noch größere Unsicherheiten. Einige Modelle simulieren anfangs noch
tiefen Luftdruck über Polen, der das Wetter in den benannten Regionen
bis Mittwoch noch leicht wechselhaft lässt. Ab Mittwoch sollten nach
derzeitigem Stand jedoch auch dort die sonnigen Anteile deutlich
zunehmen. Allerdings würden die Temperaturen nicht im gleichen Maße
ansteigen. Da das Hochdruckzentrum wohl über Dänemark (GME) bzw.
Benelux (ECMWF) zu liegen kommt, würde sich eine östliche bis
nordöstliche Strömung einstellen, die nur mäßig warme Luft nach
Deutschland transportiert.
© Deutscher Wetterdienst
Bild: NOAA
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