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13. August 2014 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

Hochsommer auf Abwegen

Vielfach kühles und windiges Schauerwetter, selbst bei längerem Sonnenschein steigt die Temperatur kaum auf die meteorologische Sommermarke von 25 Grad. Ex-Hurrikan "Bertha" vertrieb unser Hochsommerwetter am vergangenen Wochenende. Wir fragen uns, wo ist es hin?

Der bisherige Sommerverlauf brachte selten stabiles und sonniges
Wetter. Häufig wurde es nach kurzen sonnigen Phasen schnell schwül
und gewittrig. Doch immerhin blieb die Temperatur meist auf recht
hohem Niveau. Dies handelt uns in Deutschland in den meteorologischen
Sommermonaten bis dato einen "Wärmeüberschuss" ein. Denn gemittelt
über alle Stationen des Deutschen Wetterdienstes liegt die
Durchschnittstemperatur derzeit bei 17,5 Grad Celsius und damit
immerhin 1,3 Grad über dem vieljährigen Mittel der Monate Juni bis
August. Es gibt keine Station, die eine negative Abweichung aufweist.
Am geringsten fällt die positive Temperaturabweichung zum
vieljährigen Mittel noch in Löhnberg-Obershausen (+0,2 Grad) im
hessischen Lahntal aus. Doch nun wird bei Höchsttemperaturen
verbreitet unter 25 Grad sowie teils sehr kühlen Nächten an diesen
positiven Anomalien "geknabbert".


Gerade während der aktuellen Ferienzeit fragen sich viele, welche
Urlaubsregionen mit wirklich badetauglichem Wetter locken. Nach
sommerlichen Temperaturen suchen wir in Mittel-, West- und Nordeuropa
bis zum kommenden Wochenende vergeblich. An den Nordsee- und
Atlantikküsten werden am Tage meist nur 15 bis 20 Grad erreicht. An
den Ostseeküsten bis hoch zum Bottnischen Meerbusen sind immerhin
Werte knapp über 20 Grad möglich, genauso wie übrigens auch an der
Biskaya. Dazu sorgt in all diesen Regionen fortwährender
Tiefdruckeinfluss für einen wechselhaften Wettercharakter.

Ganz anders sieht im östlichen Mittelmeerraum, auf der
Balkanhalbinsel sowie im östlichsten Europa nördlich und östlich des
Schwarzen Meeres aus. Dort scheint bei verbreitet 30 bis stellenweise
40 Grad meistens die Sonne von einem nur gering bewölkten Himmel.
Werte um 30 Grad findet man auch am westlichen Mittelmeer. Schauer
und Gewitter sorgen bis zum Wochenende aber insbesondere an der
nördlichen Adria, in Norditalien, Südfrankreich und im Bereich der
Balearen zeitweise für Abkühlung. Trockener und noch heißer ist es
nur in der Mitte und im Süden der Iberischen Halbinsel. Bei
Höchstwerten zwischen 35 und 40 Grad ist dort Schwitzen angesagt
(siehe dazu die Grafik der Höchsttemperaturen).

Zum Vergrößern bitte klicken
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Apropos Schwitzen: Bevor Ex-Hurrikan "Bertha" für eine nachhaltige
Umstellung der Wetterlage sorgte, kam es in Teilen Skandinaviens und
des Baltikums in diesem Sommer zu einer Vielzahl sehr warmer und
sonnenscheinreicher Tage. Über Nordskandinavien und Nordwestrussland
regenerierte sich in den vergangenen Wochen wiederholt eine
Hochdruckzone, während sich über West- und Mitteleuropa häufig tiefer
Luftdruck etablierte. Dazwischen wurde in einer östlichen bis
südlichen Strömung trockenwarme Luft herangeführt. Teilweise traten
Temperaturen über 30 Grad bis in Gebiete nördlich des Polarkreises
auf. In Balnak im Norden Norwegens wurde am 10. Juli 2014
beispielsweise eine Maximaltemperatur von 32,6 Grad registriert. Im
finnischen Lahti, auch bekannt durch die jährlich stattfindenden
Skisprungwettbewerbe, kam es zwischen 18. Juli und 11. August zu
insgesamt 25 Sommertagen in Folge. Für skandinavische Verhältnisse
ungewöhnlich große Waldbrände waren die Folge der anhaltenden
Trockenheit.

Anfang August verlagerte sich der Schwerpunkt der Hitze verstärkt zum
Baltikum und Nordwestrussland. So wurde zum Beispiel in Ventspils an
der Ostseeküste Lettlands zunächst am 3. August mit 36,7 Grad und ein
Tag später am 4. August 2014 mit 37,8 Grad gleich zweimal der
Landesrekord für die Tageshöchsttemperatur überboten. Dieser hatte
seit dem 4. August 1948 bestand. Damals wurden in Daugavpils 36,6
Grad erreicht.

Ob es bei uns in diesem Sommer auch noch einmal derart heiß wird, ist
nicht abzusehen. Die Wahrscheinlichkeit sehr heißer Tage nimmt mit
der weiter fortschreitenden Jahreszeit natürlich auch immer weiter
ab. Zumindest zu Beginn der neuen Woche deutet sich ein zögerlicher
Vorstoß wärmerer Luftmassen aus Südwesten an. Dann sind vor allem in
der Südhälfte Deutschlands wieder Temperaturen über 25 Grad möglich.
Beständiges Sommerwetter erscheint aber nach wie vor ziemlich
unwahrscheinlich. In dieser Hinsicht haben uns die Nord- und
Osteuropäer bereits ganz schön was vorgemacht.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD