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08. August 2014 | Dipl.-Met. Helge Tuschy und Simon Trippler

Tropische Wirbelsturmaktivität 2014

Tropenstürme sind weltweit bekannt und werden mit unterschiedlichen Bezeichnungen geführt. Im Atlantik und dem Ostpazifik werden sie als "Hurrikan", im Westpazifik und in Ostasien als "Taifun", in Australien als "Willy-Willy" und im Indischen Ozean als "Zyklon" bezeichnet.


In den vergangenen Tagen tobten und toben noch in vielen tropischen
Regionen gefährliche Wirbelstürme. Besonders im westlichen Pazifik
gab es zwei bedrohliche Stürme. So bildete sich nach Angaben des
japanischen Wetterdienstes (Japan Meteorological Agency, "JMA") Mitte
Juli etwa 800 km nordwestlich der Südsee der Tropensturm "Nakri". Bis
Anfang August zog er über das Ostchinesische ins Gelbe Meer weiter
und wies mittlere Windgeschwindigkeiten von maximal 70 - 80 km/h auf.
Dieses tropische System wird weniger durch den Wind, sondern eher
durch die gewaltigen Regenmassen in Erinnerung bleiben, die es in
Südwestjapan und Südkorea brachte. Aufgrund seiner langsamen
Verlagerungsgeschwindigkeit und großen Ausdehnung wurde beständig
sehr feuchte Luft in diese Regionen geführt. In einer südlich von
Südkorea vorgelagerten Insel namens "Jeju Island" fielen in weniger
als 48 Stunden 868 Liter Regen auf den Quadratmeter (l/qm) und in
Shikoku (Südwestjapan) sogar über 1000 l/qm. Verglichen zu dem
durchschnittlich in Deutschland fallenden Jahresniederschlag von 750
l/qm sind dies schon äußerst extreme Werte. Rekordverdächtig ist das
jedoch noch nicht, wenn man sich den Rekordhalter namens "Aurere" auf
La Reunion im Indischen Ozean in Erinnerung ruft, wo sage und
schreibe 2467 l/qm in 48 Stunden vom 8. bis 10. April 1958 gefallen
sind (Quelle: Hurricane Research Division, "HRC").


Ebenfalls über dem Westpazifik entwickelte sich am 28. Juli 2014 aus
einer tropischen Störung der Tropensturm "Halong", der am 2. und 3.
August den Status eines Supertaifuns mit mittleren
Windgeschwindigkeiten von 260 km/h und Böen über 300 km/h erreichte
(Kategorie 5 auf der 5-stufigen "Saffir-Simpson-Skala"). Dies sind
jedoch keine direkten Windmessungen, sondern Abschätzungen anhand
einer Satellitenbildanalyse, der sogenannten "Dvorak Analyse".
Hierbei verrät die auf unterschiedlichen Satellitenbildern gesehene
Struktur die mögliche Stärke eines Sturms (u.a. bestimmte
Wolkenstrukturen, Ausprägung und Temperatur des "Auges"). Im Nord-
und Zentralatlantik, wo Messflüge von sogenannten "Hurricane Hunters"
und somit auch Echtzeitmessungen in tropischen Stürmen durchgeführt
werden, zeigt sich, dass diese Art der Abschätzung geeignet ist
(Abweichungen des Windes von nur durchschnittlich 8 km/h zwischen
Messung und Abschätzung bei normalen Entwicklungen). Somit war
"Halong" der bisher stärkste Wirbelsturm der noch laufenden Saison im
Westpazifik (Mai bis Oktober). Zu Beginn des kommenden Wochenendes
trifft er zwar in stark abgeschwächter Form auf Japan, sorgt dort
aber erneut für schweren Sturm und sintflutartige Regenfälle.


Auch im Ostpazifik toben derzeit mehrere, teils sehr gefährliche
Wirbelstürme. So entstand am 26. Juli "Genevieve" etwa 2500 km
westlich der Küste Mittelamerikas und zieht seitdem einsam ihre Bahn
nach Westen, ohne der Inselgruppe Hawaii zu nahe zu kommen. Der Sturm
überquerte dabei die Zuständigkeitsbereiche gleich dreier
Tropensturmzentren (östlich von 140° West das National Hurricane
Center, "NHC", zwischen 140° West und 180° das Central Pacific
Hurricane Center, "CPHC" und westlich von 180° das Regional
Specialized Meteorological Center, "RSMC Tokyo") und legte bisher
eine Entfernung von beachtlichen 4900 km zurück. "Genevieve" hat sich
nun mitten über dem Pazifik zu einem mächtigen Supertaifun der
Kategorie 5 aufgebläht und wird noch für längere Zeit auf den
Wetterkarten zu finden sein. Seine Lebensdauer von bisher 15 Tagen
ist bereits bemerkenswert und könnte sich noch deutlich erhöhen,
jedoch ist der bisherige Rekord von 31 Tagen durch Hurrikan/Taifun
"John" aus dem Jahr 1994 wohl kaum zu erreichen.

War "Genevieve" mit den Bewohnern von Hawaii noch gnädig, so droht
den Inseln mit den beiden neuen Hurrikans "Iselle" und "Julio" ein
sehr ungewöhnliches Ungemach. Ungewöhnlich nicht vom Zeitpunkt des
Auftretens her, denn der August ist klimatologisch gesehen im
zentralen Pazifik der aktivste Monat für tropische Stürme, sondern
dass gleich zwei Tropenstürme den Inselstaat binnen weniger Tage
bedrohen. Momentan überquert die zu einem Tropensturm abgeschwächte
"Iselle" die Hauptinsel Hawaii (oder auch "Big Island") von Südost
nach Nordwest mit mittleren Windgeschwindigkeiten von 110 km/h sowie
heftigen Niederschlägen von 150 bis 300 l/qm binnen kurzer Zeit. Noch
nie seit Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1950 wurde die Hauptinsel
direkt von einem Hurrikan getroffen, wohl aber schon einmal von einer
tropischen Störung (schwächerer Tropensturm). Bereits zum Samstag und
Sonntag soll sich dann Tropensturm "Julio" unter Abschwächung auf
sehr ähnlicher Zugbahn den Inseln nähern. Auch wenn dieser Sturm nach
letzten Berechnungen knapp nördlich an den Inseln vorbeiziehen soll,
so sorgt er mit einem Schwall an tropischer Feuchte erneut für
heftige Regenfälle und stürmischen Wind. Sollte "Julio" aber doch
noch 3 Tage nach "Iselle" als Hurrikan auf die Inseln von Hawaii
treffen, wäre dieser Doppelschlag etwas Einmaliges für diese Region.


Zuletzt sei noch der ehemalige Tropensturm "Bertha" über dem
Nordatlantik erwähnt, der am Wochenende als normales Tiefdrucksystem
nach Europa zieht und voraussichtlich am Sonntag auf die Britischen
Inseln trifft. Zu diesem Zeitpunkt bezieht er seine Energie nicht
mehr vom warmen Meerwasser, sondern aus den horizontalen
Temperaturkontrasten zwischen den 12 bis 15 Grad auf Island und um 27
Grad auf den Azoren. Dies ist u.a. ein Kriterium für außertropische
Tiefdruckentwicklungen. Neben viel Regen und Wind für den genannten
Bereich wird "Ex-Bertha" vor allem durch ihre ostwärts ziehende
Kaltfront auch bei uns in Deutschland von Interesse sein, da diese ab
Montag einen nachhaltig kühleren, windigen und wechselhaften
Witterungsabschnitt einleiten wird. Somit sieht man, dass
Entwicklungen weit ab in den Tropen nach einer gewissen Zeit auch für
das europäische Wetter von großer Wichtigkeit sein können.


© Deutscher Wetterdienst