Facebook Twitter
Drucken
10. Juli 2014 | Dipl.-Met. Adrian Leyser

"Michaela" stellt das Wetter auf den Kopf

Tief MICHAELA sorgt seit Beginn dieser Woche für ein äußerst turbulentes Wettergeschehen in Deutschland.

Im gestrigen Thema des Tages wurden bereits die heftigen Gewitter im Norden und Osten sowie die ergiebigen Regenfälle in weiten Teilen des übrigen Bundesgebietes behandelt. Auch im Laufe des Mittwochs gab es besonders in der Mitte und im Süden Deutschlands weitere anhaltende Niederschläge. Im Norden entwickelten sich dagegen wieder teils schwere Gewitter mit Starkregen und Hagel. Bis Mittwochabend (9. Juli, 20 Uhr MESZ) kamen in einem Streifen vom Erzgebirge bis zur Eifel und zum Niederrhein verbreitet zwischen 60 und 100 l/qm binnen 48 Stunden zusammen, eng begrenzt (Bobeck/Thüringen: 111,0 l/qm; Bergheim/Nordrhein-Westfalen: 110,1 l/qm) auch noch etwas mehr. Dabei trugen oft sowohl Dauerregen als auch Schauer und Gewitter zur Niederschlagssumme bei. Vielerorts fiel so viel Regen wie sonst durchschnittlich im gesamten Monat Juli. Sie mag zwar vielen unangenehm erscheinen, aber diese nasse Wetterphase ist durchaus ein Segen für die Natur, die vor allem nach Süden und Südwesten zu in den vergangenen Wochen unter anhaltender Trockenheit litt.

24-stündige Regenmengen bis heute früh 9 Uhr
24-stündige Regenmengen bis heute früh 9 Uhr


Das üppige "Nass" von oben war aber nicht das einzig Bemerkenswerte.
Eine scharfe Luftmassengrenze lag am Mittwoch eingebettet in das
Tiefdruckgebiet MICHAELA quer über Deutschland. Sie trennte sehr
warme Luft, die aus östlicher Richtung in den Norden einfloss, von
deutlich kühlerer Meeresluft, die aus westlicher Richtung in den
Süden eindrang. Begünstigt durch fehlende Sonneneinstrahlung und
anhaltende Regenfälle "schaffte" es das Quecksilber auf der kühlen
Seite der Luftmassengrenze nur mit Mühe auf 10 bis 15 Grad, im Norden
in der Warmluft bei zeitweiligem Sonnenschein dagegen auf Werte bis
31 Grad. Man wird fast dazu verleitet zu sagen, dass MICHAELA das
Wetter gewissermaßen "auf den Kopf stellte". Denn gerade die
"Wärmehochburgen" im Süden mussten mit herbstlich anmutenden
Temperaturen vorlieb nehmen, während sich der im Sommer oft kühlere
Norden über badetaugliche Werte freuen durfte.

Zum Vergrößern bitte klicken
Zum Vergrößern bitte klicken


Die angefügte Karte zeigt die Verhältnisse am gestrigen Mittwoch um 14 Uhr. Sofort ins Auge fallen
die enormen Temperaturgegensätze auf engstem Raum auf einer Linie von
Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg. So kam
beispielsweise Gardelegen in der Altmark bereits auf 27 Grad, während
im nur gut 100 km weiter südlich gelegenen Quedlinburg zeitgleich nur
17 Grad gemessen wurden. In Schneifelforsthaus in der Eifel war es
mit 9 Grad sogar noch deutlich frischer. Ebenfalls gut zu erkennen
ist die kompakte Bewölkung in weiten Teilen südlichund westlich des
Tiefdruckkerns, wo es auch zu den ergiebigen Regenfällen kam.
Nördlich des Kerns ist die Bewölkung deutlich geringer. Dort ist aber
schon die sich entwickelnde Quellbewölkung sichtbar (sehr helle
"Flecken"), die stellenweise Schauer und sehr kräftige Gewitter
brachte (Blitze sind durch rote Punkte gekennzeichnet).

Im Tagesverlauf verlagerte sich MICHAELA langsam südwestwärts. Die
feuchtwarme Luft kam dabei an der Nordflanke ebenfalls weiter west-
und südwärts voran und damit auch die kräftigen Gewitter. Das ist
auch der Trend für den heutigen Donnerstag. Schauer und kräftige
Gewitter treten somit insbesondere von Brandenburg über
Sachsen-Anhalt, Südniedersachsen bis nach Nordhessen und
Nordrhein-Westfalen auf. Im Südosten, später auch im Süden und vor
allem an den Alpen, kommen dagegen neue, ergiebige Regenfälle auf,
die gebietsweise bis Freitagabend anhalten. Die Ausnahme bildet nur
der äußerste Norden. Dorthin streckt Hochdruckgebiet ZEUS über
Skandinavien und Nordwestrussland seine Fühler aus, sodass die Sonne
längere Zeit vom Himmel lacht.


© Deutscher Wetterdienst

Bild: DWD